Familienbesuch in Chiang Mai: Inmitten von Tempeln und Märkten

Die Farmarbeit auf den australischen Erdbeerfeldern geschafft war Urlaub angesagt. Für diesen ging es nach Asien, denn noch im Februar, als wir uns in Deutschland von meiner Familie verabschiedet haben, hatte mir meine Schwester erzählt, dass sie im November mit einer Freundin nach Thailand fliegt. Und das fanden wir damals einen gelungenen Anlass für ein Wiedersehen, lag Thailand auf etwa halber Strecke zwischen Australien und Deutschland.

Meine Beziehung zu Thailand

Man muss an dieser Stelle erwähnen, ich habe eine besondere Beziehung zu Thailand: Meine bisherigen Besuche in dem Land resultierten alle aus meiner Zeit als Flugbegleiter, als es damals noch von Köln/Bonn, München oder Düsseldorf in die Hauptstadt Bangkok ging. Abgesehen von einem Drei Tage-Layover, in dem ich auch ein bisschen was von der Stadt gesehen habe, bestanden alle sonstigen Umläufe aus einem Aufenthalt von 18 bis 22 Stunden. Nicht sonderlich viel, wenn man nach 10 bis 11 Stunden Nachtflug und Zeitverschiebung in die „falsche“ Richtung mittags in Bangkok ankommt und am nächsten Morgen um spätestens 8 Uhr das Hotel wieder verlässt, um einen 12 bis 13 Stunden Tagflug zurück nach Deutschland anzutreten.

Aus dem Nähkästchen eines (ehemaligen) Flugbegleiters (oder aus dem Nähkästchen meines Körpers) erzählt, waren diese Flüge nie mein Highlight und ich war sehr froh, dass ich nicht sonderlich viele davon hatte. Denn die meisten anderen Flüge, die ich so gemacht habe gingen in Richtung Westen – USA, Mexiko, Karibik. Das bedeutete vormittags los aus Deutschland, ein verlängerter Tag mit Ankunft am Abend vor Ort, wo sich der Körper doch gut anpassen kann. Am nächsten Tag dann den ganzen Tag zur freien Verfügung mit einer Schlafpause am Nachmittag und dem Abflug am späten Abend mit Ankunft wieder in Deutschland am frühen Morgen des nächsten Tages. Der (anstrengendere) Nachtflug war hier der zweite Flug, außerdem war der zweite Flug auch der kürzere (Flüge in Richtung Osten gehen immer mit dem Wind und sind daher kürzer als die gleiche Strecke in Richtung Westen, siehe auch oben die Zeitunterschiede zwischen Deutschland und Bangkok).

Die Thailand-Flüge (wir hatten auch Phuket im Programm, aber das war nie in meinem Dienstplan) waren aber anders herum, erst wurde der Schlafrhythmus komplett mit dem Nachtflug und dem Überspringen der Nacht auf der Uhr zerstört, anschließend folgte ein längerer und sich wie Kaugummi ziehender Tagflug zurück. Den hatte ich mit knapp 30 Passagieren (bei 310 Plätzen) auch einmal an Heiligabend und wir haben sicher drei Stunden des Fluges UNO gespielt…

Nach langer Zeit wieder in einem großen Flugzeug

Abgesehen von meiner kurzen Flugstunde mit einer Cessna 172 an der Gold Coast datierte zu diesem Zeitpunkt mein letzter Flug auf Mitte März – abgesehen von der Pandemie-Zeit meine längste Zeit am Boden seit 2017. Daher war es ein doch etwas emotionales Gefühl, das in Brisbane aufs Boarding wartende Flugzeug von VietjetAir nach Hồ Chí Minh City zu betreten. Es war auch nicht irgendein Flugzeug, sondern ein Airbus A330, also quasi mein zweites Zuhause der letzten Jahre.

VietjetAir selbst war (oder ist?) eine Low Cost-Airline, die der Eurowings-Langstrecke von vor der Pandemie Konkurrenz machen konnte: Im günstigsten Tarif war keine Verpflegung mit dabei, es gab noch nicht einmal ein Entertainment-System und sofern ich mich erinnern kann, war auch keine Decke oder sowas inkludiert. Das alles hat mich aber nicht sonderlich gestört, denn der Abflug in Brisbane war um 23:40 lokaler Zeit mit Ankunft in Hồ Chí Minh City um 5:05 und dem Weiterflug nach Chiang Mai um 11:25 – 13:30 Uhr. Für Essen war also genug Zeit am Flughafen beim Umsteigen und die Priorität auf der Langstrecke lag also beim Schlafen, nachdem mein Kopf irgendwann die Boardingmusik verdrängen konnte. An sich fand ich die Musik zwar schön, aber dasselbe drei Minuten Lied für über eine halbe Stunde zu hören ging dann doch irgendwann auf die Substanz… 😀 (dasselbe Prinzip gab es auch bei der Deboarding-Musik, immerhin war es ein anderes Lied).

Mit einem heimischen A330 ging es nach Asien...

Was ich laut meinen Notizen vom letzten Jahr (ich schreibe den Blogeintrag erst im Dezember 2024) positiv hervorheben muss, sind die schönen Papier-Bordkarten, die ich am Flughafen in Brisbane erhalten habe. Der Gesamtflugpreis für die eine Strecke von BNE – CNX via SGN lag übrigens bei knapp $490, was umgerechnet rund 300 Euro entspricht. Es war soweit ich mich erinnern kann, der günstigste Flug und zudem auch der mit den besten Flugzeiten. Gebucht habe ich den Flug über die Seite von VietjetAir und das erwähne ich hier nur deswegen, weil ich sehr fasziniert davon war, dass ich so ziemlich alle Reisedokumente und -informationen per E-Mail nachfolgend ausschließlich in vietnamesisch erhalten habe…

Aus der Natur der Sache kann ich zur ersten Flugstrecke nicht sonderlich viel sagen: Der Start und der Anfang des Fluges war in meinem Kopf sehr komisch und emotional, weil ich nach der ursprünglichen Planung Anfang des Jahres eigentlich nicht alleine in diesem Flugzeug sitzen sollte. Auch fing mein Kopf da so langsam an zu realisieren, dass ich die Komfortzone und gewohnte Umgebung des Hostels und der Erdbeerfarm, in der ich mich in den drei Monaten zuvor doch sehr eingelebt habe, hinter mir gelassen hatte und nun wieder sehr viel ungewisses auf mich wartete. Aber irgendwann war ich so müde, dass ich beim Triebwerksrauschen eingeschlafen bin…

Kurzer Stop in Hồ Chí Minh City

Wie bereits erwähnt, war das kein Direktflug von Brisbane nach Chiang Mai, sondern ich hatte einen Zwischenstop in Hồ Chí Minh City. Meine Berührungspunkte mit der Hauptstadt von Vietnam hielten sich in meinem bisherigen Leben sehr in Grenzen und beschränkten sich mehr oder minder auf die Känguru-Chroniken, aber ich wusste, dass mein Rückflug nach Australien wieder ab dem Flughafen von Sài Gòn, wie Hồ Chí Minh City bis 1976 hieß, starten würde.

Mein erstes Bánh mì hat glaube ich so viel gekostet wie alle anderen danach zusammen - Flughafenpreise eben...

Bei meinem kurzen Aufenthalt blieb ich nach der ersten Begegnung mit der einfach nur ekligen Luftfeuchtigkeit draußen (natürlich gibt es bei einem Low Cost-Flug keine Parkposition direkt am Flughafengebäude, sondern Treppen und Busse) im internationalen Bereich des Flughafens und gönnte mir für stolze $20 zusammen mit einem Maracuja-Smoothie mein allererstes Bánh mì, eine Art belegtes Baguette, die ich bei meinem späteren Aufenthalt in Vietnam fast täglich essen würde. Nach ein bisschen vor mich hin vegetieren am von der Größe her sehr überschaubaren Flughafen von Hồ Chí Minh City saß ich dann in der zweiten VietjetAir-Maschine, die mich dann nach Thailand brachte und in der ich von derselben Boarding-Musik begrüßt und auch mit derselben Deboarding-Musik wieder verabschiedet wurde – yeahii…

Zurück in Thailand

Ich hatte ja oben schon von meinen bisherigen Erlebnissen in Thailand erzählt, die sich auf die smog-reiche, überfüllte, schnelllebige und gefühlt endlose Hauptstadt und Metropole Bangkok beschränkten. Im Gegensatz dazu waren die Aussicht beim Landeanflug und die ersten Eindrücke in Chiang Mai doch ein wenig anders – im positiven Sinne: Die Stadt selbst zählt „nur“ rund 150.000 Einwohner und ist umgeben von Bergen und sehr sehr viel grün (das doppelte sehr steht so in meinen Notizen). Zum Vergleich hat die ganze Metropolregion etwas mehr als eine Million Einwohner, was aber dennoch deutlich weniger als Bangkok ist. Und gefühlt ist Bangkok nur umgeben von Stadt und noch mehr Stadt, wenn ich in meinen Erinnerungen grabe.

Der Flughafen von Chiang Mai hatte eine überschaubare Größe und die Einreise in Thailand war sehr unkompliziert, es war kein Visum oder ähnliches notwendig und das einzige, was die Beamtin bei der Passkontrolle wissen wollte war, warum ich denn dieses Mal nicht als Flugbegleiter einreise, da ich ja vorher noch nie privat in Thailand war und das wohl auch im System so hinterlegt war. Am Flughafen habe ich mir dann erstmal eine thailändische SIM-Karte organisiert – etwas, was ich vorher auch noch nie auf Reisen gemacht habe (das Work & Travel in Australien mal ausgenommen) und bin mit einem Grab, dem Uber Thailands zur ersten Unterkunft für die anderthalb Wochen in Chiang Mai gefahren.

Die gar nicht sooo lange Fahrt glich einem kleinen Kulturschock, wenn man gerade aus dem geordneten Australien kam, aber Chiang Mai hatte alle das Stadtbild prägenden Facetten zu bieten, die ich damals auch in Bangkok erlebt habe – nur in kleiner: Es gibt auch hier wieder diese überirdischen Strom- und Telefonleitungen, bei denen ich mich jedes Mal frage, wie man bei einem Defekt aus dem Kabelsalat das richtige herausfindet; es wird viel gehupt, was in den asiatischen Ländern meist aber nur zur Warnung anderer Verkehrsteilnehmer geschieht; es liegt sehr viel Müll herum und das Häuserbild ist „typisch thailändisch“ – und ich weiß wirklich nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Aber eben alles deutlich kleiner, grüner, ohne die Wolkenkratzer und irgendwie ein bisschen kuscheliger.

Trotz der am Anfang des ersten Fluges aufkommenden Gedanken zur Gesamtsituation war ich in diesen Momenten froh, wieder unterwegs zu sein und neue Orte und Eindrücke zu sammeln. Und insbesondere freute ich mich dann auch auf das Wiedersehen mit meiner Schwester, denn das war glaube ich auch die längste Zeit bisher, die wir uns nicht gesehen haben. Daher habe ich mir für den ersten Teil des Aufenthalts auch dasselbe Hotel wie sie gebucht, sodass die Taxifahrt ins edlere Goldenbell Hotel am südlichen Rand des Stadtzentrums ging.

Das Zimmer im Goldenbell Hotel - ein kleines Upgrade im Vergleich zum Hostel...
...sogar mit eigenem Bad

Für rund $72/45€ die Nacht war das Hotel sehr ordentlich und entsprach irgendwo dem, was ich als „Crewhotel-Standard“ in der Zeit der Fliegerei kennengelernt hatte. Ein modernes, großes schickes Zimmer mit einem sauberen und modernen Badezimmer, einem ordentlichen Außenbereich mit einem kleinen Pool und zur Abrundung einem überschaubaren aber leckeren Frühstücksbuffet waren so ziemlich das Gegenteil vom Hostelleben, in welchem ich mich die Monate davor aufgehalten habe. Nicht, dass ich es unfassbar vermisst hätte, aber es war einfach schön, es wieder zu haben.

Tempel und Märkte

Nachdem ich mich also im Hotel ein wenig eingerichtet habe und die Wiedersehens-Zeremonie erledigt war, wurde es Zeit, im Laufe der kommenden Tage Chiang Mai zu erkunden. Und jenes bestand für uns primär aus Tempeln und Märkten. Was die Tempel angeht, waren wir im Stadtzentrum im Wat Chedi Luang und Wat Phra Singh. Das Stadtzentrum selbst war insgesamt sehr gut fußläufig erreichbar und von seiner Größe her auch überschaubar. Wege waren nicht sonderlich lang, wenn es nicht gerade einen Markt gab, ansonsten dauerte es natürlich etwas sich durch die Menschenmassen zu arbeiten.

Wat Muen Tum
Wat Chang Taem
Wat Phra Singh
Wat Phra Singh

Wir haben beide Tempel auf eigene Faust erkundet, daher kann ich hier jetzt auch nicht sonderlich zur Kultur oder Religion referieren. Vom Aussehen her fand ich Wat Phra Singh imposanter, auch aufgrund des einen komplett goldenen Tempelgebäudes, aber auch aufgrund der Großflächigkeit der ganzen Anlage selbst. Ich denke, hier sagen Bilder mehr als Worte.

Wat Umong
Wat Umong
Doi Suthep
Ausblick auf Chiang Mai vom Doi Suthep-Tempel

An einem Tag haben wir außerdem auch noch eine Nachmittags/Abendtour zum Doi Suthep und Wat Umong gemacht. Während letzterer einige Tunneltempel-Anlagen hatte, die wir erkundet haben, war der Doi Suthep-Tempel etwas außerhalb und überhalb der Stadt. Neben einem Stück Fahrt über die ein oder andere enge und kurvige Straße durften wir am Ende auch noch 306 Stufen hoch (und später wieder herunter) steigen, ehe wir die eigentliche Tempelanlage betreten haben. Aber das war es definitiv wert, denn neben der eigentlichen Anlage gab es von hier auch einen wunderschönen Ausblick auf Chiang Mai bei Nacht.

Doi Suthep

In Sachen Märkte hat Chiang Mai auch einiges zu bieten: So gibt es ausgehend vom Wat Phra Singh sonntags einen Markt auf der Rachadamnoen Rd, samstags lädt die Wua Lai Rd zum Samstagsmarkt ein und beim Chiang Mai Gate Market auf der Bumrung Buri Rd gab es jeden Tag ein großes Angebot an Streetfood, frischen Smoothies, Obst, Souvenirs und handgefertigten Sachen. Alle Märkte hatten eins gemeinsam, sie waren sehr gut besucht, aber man konnte immer einen Platz wie auch etwas leckeres zu Essen finden, was zudem auch noch unfassbar günstig war: In der Summe habe ich für eine Hauptmahlzeit mit einem Dessert und einem Getränk oder Smoothie selten mehr als fünf bis sechs Euro gezahlt.

Nachtmärkte in Chiang Mai

Es gibt glaube ich auch noch weitere Märkte, aber da wir unsere Unterkunft im Süden hatten, waren das die am nächsten erreichbaren. Ich war auch einmal auf dem Chiang Mai Night Bazaar, wobei ich den doch seeeehr touristisch fand aufgrund insbesondere dem ganzen Krimskrams, der da angeboten wurde. Auch das Essensangebot war sehr auf wenige Orte konzentriert und preislich doch höher angesiedelt als beispielsweise der Samstagsmarkt, der über die Zeit mein und ich glaube unser aller Lieblingsmarkt geworden ist.

Nachtmärkte in Chiang Mai
Nachtmärkte in Chiang Mai

Krank in Thailand

Ansonsten war auch noch einiges anderes geplant, was wir in Chiang Mai unternehmen wollten, schließlich waren meine Schwester und ihre Freundin neun Tage vor Ort und ich sogar noch ein paar Tage mehr. Dazu gehörten ein Mehrtagesausflug nach Pai, ein Tagesausflug zum weißen und blauen Tempel nach Chiang Rai, der Besuch des Doi Inthanon National Park mit Mietwagen, der Besuch eines Elephant Sanctuarys sowie ein Kochkurs für einen praktischen Einblick in die thailändische Küche.

Das alles fiel aber von meiner Seite ins Wasser, da ich mich nach nur wenigen Tagen ganz gut erkältet hatte und neben Schnupfen und Husten rund 39 Grad Fieber jetzt auch nicht unbedingt die besten Voraussetzungen waren, um das erste Mal in Thailand Auto zu fahren. Also deckte ich mich mit allerlei thailändischer Medizin ein, da mein Paracetamol- und Nasenspray-Vorrat nicht sonderlich groß war und nutzte die restliche Zeit, um mich auszukurieren. Da kam mir auch das Einzelzimmer in der zweiten Unterkunft entgegen, da ich mir für das direkt anschließende Reiseziel Vietnam nur Hostel-Betten gebucht hatte. Dennoch war das Rendezvous Oldtown Chiang Mai mit Qualitätseinbußen zum ersten Hotel verbunden, was die Genesung ein wenig in die Länge gezogen hat – aber für den halben Preis kann man auch nicht dasselbe erwarten.

Die Landschaft um den Flughafen von Chiang Mai war mehr als nur schön

Außer im Bett liegen und jenes für Essen und Trinken verlassen habe ich die restlichen Tage nicht mehr sonderlich viel gemacht, was mir insgesamt dann auch psychisch nicht ganz so gut getan hat – schließlich war ich nach der Abreise meiner Schwester das erste Mal nach über dreieinhalb Monaten wieder so ganz auf mich alleine gestellt, was in diesem Moment in Verbindung mit anderen Sachen ein sehr komisches Gefühl war. Irgendwann in der Zukunft würde ich Chiang Mai gerne noch einmal besuchen, für den Moment war ich aber umso glücklicher, als es am 16. November weitestgehend fit von Thailand aus weiter nach Hội An ging…

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