Yo hablo español: Meine zweiwöchige Sprachreise nach Cádiz

Nachdem ich bereits mit Duolingo versucht hatte, Italienisch zu lernen, hatte ich mir im Jahr 2021 im Zuge der Corona-Pandemie und der freien Zeit zu Hause ein wenig Babbel angeschaut und dabei die Sprache zu Spanisch gewechselt. Ich finde an sich Italienisch zwar schöner, aber mit Spanisch konnte ich als Flugbegleiter mit all den Destinationen in Mittelamerika und der Karibik deutlich mehr anfangen. Nach den ersten Anfängen verließ mich aber die Motivation, mit Babbel zu lernen und das Thema geriet erst einmal wieder aus den Augen und damit aus dem Sinn, wie man so schön sagt.

Anfang 2022 kam das Thema wieder auf und ich wollte das mit dem Sprache lernen wirklich durchziehen, habe aber bei den vorhergehenden Versuchen gemerkt, dass mir online lernen nicht ausreicht. Ein regelmäßiger Sprachkurs vor Ort, wie er zum Beispiel in einer Volkshochschule angeboten wird, war aufgrund meiner fliegerischen Tätigkeit nicht möglich, also kam mir irgendwann die Idee, mal eine Sprachreise zu machen…

Die Organisation

Da ich Europa nicht unbedingt verlassen wollte und mit Spanisch auch die zu erlernende Sprache feststand, war Spanien als Zielland relativ schnell gesetzt. Auch der Reisezeitraum ergab sich aus mehreren Faktoren: Zum einen hatte ich 2022 vom 1.-9. jedes Monats teilzeitbedingt frei, zum anderen wollte ich zwei Wochen zum Lernen da bleiben und abseits der Teilzeit mit möglichst wenig Urlaub und Bildungsurlaub auskommen. Daher musste es ein Kurs sein, der möglichst am Monatsanfang startete und auch für blutige Anfänger geeignet war. Gleichzeitig wollte ich mir meinen persönlichen Sommer ein wenig verlängern, sodass der Zeitraum Mai-September nicht in Frage kam.

Während all diese Vorgaben gesetzt waren, war ich bei der Wahl des genauen Ortes wie auch der Sprachschule relativ unvoreingenommen und flexibel. Nach dem Vergleich mehrerer Anbieter hat mir die Seite von DIALOG Sprachreisen am meisten zugesagt und unter den dort angebotenen Städten konnte Cádiz sofort mein Herz gewinnen – quasi Liebe auf den ersten Blick. Zwar waren zwischendurch noch Alicante und – bei anderen Anbietern – Ibiza oder San Sebastián in der engeren Auswahl, aber in erstgenannter Stadt war ich 2016 schon einmal und die anderen konnten mich aus nicht erklärbaren Gründen nicht weiter überzeugen.

Also buchte ich bei DIALOG nach einigen organisatorischen Nachfragen Anfang Februar meine Reise. Organisatorische Nachfragen waren deshalb notwendig, weil ich neben gewöhnlichem Urlaub und meinen Teilzeit-Tagen auch Bildungsurlaub für meinen Aufenthalt in Cádiz nutzen wollte, was aber nicht ganz so einfach war. Die Auflage, dass der Bildungsurlaub eine Fortbildung in einem Thema beinhaltet, welches ich in meinem Beruf anwende, war selbstverständlich erfüllt. Die Komplikation ergab sich jedoch daraus, dass ich für die Beantragung des Urlaubs beim Arbeitgeber zunächst eine Buchungsbestätigung benötige. Auf der anderen Seite brauche ich logisch denkend aber auch zunächst eine Urlaubszusage vom Arbeitgeber, um einen Urlaub fest zu buchen. In diesem Zwiespalt ist der Buchende der Leidtragende (wie immer), denn mir blieb am Ende nichts anderes übrig, als das Buchen im Voraus (mit der von DIALOG angebotenen Option „risikofreie Buchung“) und das Urlaub beantragen im Nachhinein. Aber da dieser Blogeintrag ja noch weiter geht, hatte ich Glück und habe beim Arbeitgeber alle Urlaubstage gewährt bekommen.

Zwei Wochen Sprachunterricht mit 30 Stunden pro Woche (nur in dieser Menge konnte es als Bildungsurlaub durchgehen) sowie eine Unterkunft bei einer Gastfamilie mit Halbpension kosteten mich mit der Option „risikofreie Buchung“ und 3% Frühbucherrabatt 1.021€ – ein wie ich finde sehr überschaubarer Preis für das, was einem geboten wird. Nicht eingeschlossen sind hierbei natürlich die Flüge und die Transfers, für 40€ extra gab es noch eine Nacht im Voraus, da das mit den Flügen so eine Sache war…

Auf nach Spanien – Standby und am ersten Herbstferien-Tag…

Der Sprachkurs begann am Montag, den 3. Oktober und die Flugsituation gestaltete sich schwierig: Der nächste Flughafen nahe der in Südspanien gelegenen Küstenstadt war Jerez de la Frontera, darüber hinaus wären noch Sevilla oder Málaga in Frage gekommen. Nichtsdestotrotz gab es am Sonntag keinerlei Direktflüge von Düsseldorf oder Köln aus zu irgendeinem der Orte und da ich nicht über Frankfurt, München, Barcelona oder Madrid fliegen wollte, entschied ich mich schon weit im Voraus dazu, am Samstag den 1. Oktober mit Condor von Düsseldorf nach Jerez zu fliegen. Was ich zu dem Zeitpunkt nicht auf dem Schirm hatte und mir erst zwei Tage vorher bewusst wurde: Der 1. Oktober war der erste Tag der Herbstferien. Dies war vermutlich auch der Grund, warum der Flug nach Spanien, wenn man ihn regulär gebucht hätte, schon weit im Voraus unverhältnismäßig teuer war. So viel zu teuer, dass ich mich dazu entschlossen hatte, Standby zu fliegen. Das ist als fliegerisches Personal erschwinglicher, aber man kommt eben nur mit, wenn auch noch Plätze frei sind.

In weiser Voraussicht des in Deutschland herrschenden Flughafen-Chaos hatte mich Franzi schon kurz vor fünf Uhr morgens am Flughafen Düsseldorf abgesetzt und ich mich zunächst zum Check-In-Schalter bewegt. Ich hatte zwar nur Handgepäck dabei und online bereits eingecheckt, aber ich wollte herausfinden, wie denn so die Buchungslage für den Flug sei. Und die war alles andere als positiv: Ich bekam zwar eine Bordkarte in die Hand gedrückt, wurde aber mit der Info begrüßt, dass der Flug aktuell ausgebucht sei und ich mir schon mal Alternativen zurechtlegen sollte.

Das hatte ich am Tag zuvor bereits gemacht (mit Lufthansa/Discover über München oder mit Iberia über Madrid), aber es gibt beim Standby-Fliegen eine goldene Regel: Die letzte Hoffnung stirbt am Gate. Mit genau dem Wissen ging ich an der quer durchs Flughafengebäude gehenden Eurowings-Check-In-Schlange vorbei in Richtung Sicherheitskontrolle, die in knapp 20 Minuten auch ziemlich schnell ging. Jetzt nicht absolut gesehen, aber zumindest für Post-Pandemie-Verhältnisse an deutschen Flughäfen.

Aufgrund des frühen Weckerklingelns hatte ich auf ein Frühstück genauso verzichtet wie darauf, mir etwas für den Weg zu schmieren. Etwas was ich nicht noch einmal machen werde, denn hinter der Sicherheitskontrolle gab es nur eine Art Bäckerei mit einer ewig langen Schlange, sodass ich aufs Anstellen keine Lust hatte. Gleichwohl begab ich mich zum Gate, wo ich erst kurz vor Boarding-Ende die erlösende Nachricht bekam, dass ich Mitfliegen dürfe. Nicht auf einem regulären Platz, aber auf dem Jumpseat, was mir in dem Moment auch reichte. Mir wurde dabei auch das Cockpit in Aussicht gestellt, aber aufgrund der fehlenden Firmenzugehörigkeit durfte ich als letzter Gast den Flieger betretend dann lediglich neben der Purserin direkt an der Tür 1L Platz nehmen.

Aussicht von der Tür 2R des A321
Die D-AIAG gelandet im sonnigen Cádiz

Erleichtert über das Mitkommen ging es relativ zügig in die Luft und nach einem entspannten Flug, den ich dann weitestgehend „falsch herum“ sitzend an der 2er-Tür des A321 verbringen durfte, landeten wir kurz nach 10 Uhr in Jerez. Sobald das Flugzeug die Parkposition erreicht und die Triebwerke abgeschaltet werden, gibt es vom Cockpit ein Kommando an die Kabinencrew, um die Türen umzustellen, sodass beim Öffnen dieser die eingebauten Notrutschen nicht aktiviert werden (dies wäre nur bei Öffnen in einem Notfallszenario erwünscht und in allen anderen Fällen sehr teuer). Im Englischen werden die Türen dabei disarmed oder in park gestellt (als Gegenteil zu arm und in flight), das Kommando lautet dementsprechend je nach Airline Cabin Crew, Disarm Slides oder Cabin Crew, All Doors in Park. Und auch wenn ich an diesem Tag nur Passagier war und in den letzten fünf Jahren eigentlich letzteres Kommando gewöhnt bin, saß ich ja immer noch direkt an der Tür 1L und habe beim Hören von Cabin Crew, Disarm Slides erstmal zusammengezuckt, weil ich mich instinktiv losschnallen, aufstehen und die Tür umstellen wollte. Glücklicherweise konnte ich mich noch relativ schnell fangen und angeschnallt bis zum Erlöschen der Anschnallzeichen sitzen bleiben. Nichtsdestotrotz fanden die Purserin und ich die Situation in diesem Moment leicht unterhaltsam.

Ankommen

Vom Flughafen aus ging es nach einem kleinen belegten Hähnchen-Baguette am Flughafen-Imbiss nach Cádiz. Die Entfernung zur Stadt beträgt rund 43 Kilometer und ließ sich optional beim Buchen der Sprachreise dazubuchen, wobei der Transfer dann mit einem kleinen Transporter oder Taxi erfolgt wäre. Allerdings auch für einen stolzen Preis von 80 Euro pro Strecke, worauf ich dankend verzichtet habe. Denn vom Flughafen aus fuhr in etwa alle zwei Stunden ein Zug nach Cádiz, der bei einer Fahrzeit von knapp einer Stunde mit fünf Euro nur einen Bruchteil des Transfers kostete. Der Zug hielt an einigen Orten zwischendurch und war auch nicht ganz pünktlich, aber ich lernte mit der Zeit in Spanien, dass man diesbezüglich dort scheinbar nicht ganz so pingelig ist.

Das Ticket für den Zug konnte man am Automaten vor dem Bahnhof erwerben und ich wollte mich zwar zunächst in der Bedienung auf Spanisch versuchen, hatte am Ende dann aber doch zu große Angst davor, das falsche Ticket zu erwerben und wechselte daher sehr zeitig auf Englisch (welches in der Regel besser übersetzt ist als Deutsch).

Während an Bord des Flugzeuges der 1. Oktober 2022 auch den ersten Tag ohne Maskenpflicht markierte (juhuuu…), war in Bus und Bahn in Spanien noch eine Maske von Nöten, was ich insbesondere aufgrund der Temperatur ein bisschen nervig fand. Denn während in Deutschland bereits herbstliche Zeiten angebrochen waren, herrschte in Südspanien noch der tiefste Sommer: Selbst am Morgen um 10 Uhr war es schon so warm, dass ich den Pullover auszog und darüber nachdachte, am Flughafen die Hose zu wechseln. Dies tat ich dann aber erst in der Unterkunft, wonach die lange Hose die nachfolgenden zweieinhalb Wochen für Oktober sehr selten zum Einsatz kam.

Was ein Wetter und Ausblick...
...egal in welche Richtung man schaut

Die Bahnhöfe sowohl in Cádiz, Jerez de la Frontera als auch am Flughafen waren alle ziemlich sauber und wirkten sehr modern. Da überraschte es mich noch mehr, dass die Züge so unfassbar selten fuhren: Während meiner Stunde Wartezeit am Flughafen, der sich auf der Strecke Cádiz-Sevilla befindet, fuhr in beide Richtungen zusammen nur ein Zug durch. Nicht ganz nachvollziehen konnte ich beim Bahnfahren jedoch das System der Fahrkarten-Kontrollen: Es gab sowohl am Flughafen, als auch in Cádiz eine Zugangskontrolle ähnlich der Underground in London, wo man sein Ticket an einen Scanner halten musste, um den Bahnsteig zu betreten. In der Küstenstadt umfasste jene Kontrolle nicht alle Bahnsteige und wurde teilweise um eine manuelle Kontrolle analog beispielsweise USA ergänzt. Nichtsdestotrotz gab es im Zug wiederum auch (selektive) Ticketkontrollen. Auf einem späteren Ausflug nach Sevilla konnten wir uns erschließen, dass es wohl Bahnhöfe mit und Bahnhöfe ohne Zugangskontrollen gibt und der Schaffner auf seinem Scan-Smartphone sieht, wer auf welchem Platz sitzend wo eingestiegen ist und ob er da bereits kontrolliert wurde.

Der leicht verlassene Bahnhof am Flughafen
Bahnhof in Cádiz

Vom Bahnhof aus war es nur ein rund fünfminütiger Fußweg in die Stadt hinein, ehe ich in der Wohnung meiner Gastmutter Antonia ankam. Die Wohnung befand sich in einem für die Region typischen Gebäude mit einem Innenhof und den drum herum angelegten Wohnungen. Es gab sowohl eine Treppe, als auch einen Fahrstuhl bis in den zielführenden dritten Stock, wobei ich letzteren erst auf dem Weg nach unten entdeckt hatte. Die Wohnung selbst bestand auch aus zwei Stockwerken: Unten waren eine überschaubare Küche und ein Wohnzimmer zu finden, in welchem Antonia wohl auch schlief. Im oberen Bereich gab es drei Zimmer – zwei für Schüler wie mich und eines für ihren 46-jährigen Sohn – sowie ein Badezimmer, welches um einiges geräumiger als die Küche war. Als ich ankam, konnte ich mich im „großen“ Gästezimmer einrichten, da das kleinere im Laufe der ersten Woche meiner Anwesenheit noch in einem schicken minzgrünen Farbton gestrichen wurde. Das „groß“ war bei meinem Zimmer absichtlich in Anführungszeichen, denn so groß war es nicht (aber scheinbar habe ich Depp keine Fotos davon): Es gab zwei 90x200cm-Betten mit Nachttischen, einen großen leicht verstaubten alten hölzernen Kleiderschrank und einen Schreibtisch mit einer gebrochenen Glastischplatte, der aber so nah an einer der Schlafmöglichkeiten stand, dass man dort keinen Stuhl mehr platzieren konnte. Die Betten waren im Kern zwar bequem, aber ein wenig „durch“, da man je nach Liegeposition die Federn an den Knochen spüren konnte. Unabhängig davon war die Wohnung ziemlich sauber, aufgeräumt und ein Ort, an dem ich mich relativ schnell heimisch gefühlt habe – soweit man sich eben in einem Land heimisch fühlen kann, dessen Kultur man nicht kennt und dessen Sprache man kaum versteht.

Die Küche bei meiner Gastfamilie
Das Wohnzimmer bei meiner Gastfamilie

Kaum verstehen ist ein gutes Stichwort, denn die Kommunikation mit der Gastmutter und ihrem Sohn hatte sich insbesondere am Anfang als sehr schwierig dargestellt. Während ich nämlich fast kein Wort Spanisch konnte, konnten die beiden fast kein Wort Englisch. Das war eine Info, die mir im Voraus leider niemand mitgeteilt hatte, da ich mich bei Antonia bereits vor Abreise wie von der Sprachschule gewünscht kurz per Mail vorgestellt und ihr am Tag des Fluges eine SMS geschickt hatte, wann ich denn ankommen würde. Aber selbstverständlich auf Englisch. Da sie auf Tools wie Google Translator eher verzichtete, führte das im Rahmen der Vorkommunikation, aber auch während der zwei Wochen Aufenthalt nur zu einer sehr oberflächlichen Gesprächsebene.

An den ersten Tagen fokussierte sich diese dabei auf die mit enthaltene Halbpension: Zu jener gehörte ein Frühstück und das Abendessen. Wie ich feststellen durfte, haben Spanier dabei leicht andere Essenszeiten, sodass das Abendessen erst auf 21 bis 22 Uhr abends fällt. Ich musste bereits nach dem ersten Tag platt und vollgefressen im Bett liegend zur Kenntnis nehmen, dass diese Uhrzeit für mich deutlich zu spät war. Nach einigen Google Translator-Versuchen führte die Sprachbarriere zwischenzeitlich dazu, dass sie den Eindruck hatte, ich hätte zusätzlich ein Mittagessen haben wollen (was es bei Halbpension ja nicht gibt). Irgendwann verstand sie dann aber doch meine Frage, ob ich denn anstatt des Abendessens ein Mittagessen haben könne, sofern ihr das keine größeren Umstände mache (ich hoffe, dass ich ihre Aussage zu den nicht vorhandenen Umständen da auch richtig verstanden hatte). So konnten wir uns bereits nach dem Wochenende darauf einigen, dass es für mich gegen 16 Uhr Mittagessen gab.

Die Wohnung lag nahe des Plaza de la Constitución und von dort machte ich mich am Samstag die sonnigen 30 Grad genießend am Strand entlang auf in Richtung Süden, während ich am Sonntag den entgegengesetzten Weg bis zum Castillo de San Sebastián wählte, mir ein wenig die Umgebung anschaute und auch schon erkundete, wo ich am Montag zum ersten Schultag hin musste…

Erster Sonnenuntergang in Cádiz - sicher nicht der letzte
Catedral de Cádiz
Castillo de San Sebastian
Playa la Caleta

Die ersten „Schultage“

Jener Montag begann für mich schon um 8:45, denn die neuen Schüler sollten sich bereits ein wenig vor dem eigentlichen Unterrichtsstart im CLIC International House Cádiz einfinden. Das Centro de Lenguas e Intercambio Cultural, wofür CLIC ausformuliert steht, beheimatet insgesamt drei Bildungszentren, neben dem in Cádiz auch in Sevilla und Málaga. Noch vor dem Unterricht bekamen wir mit dem Aula Plus 1 ein Buch an die Hand, welches uns im Laufe der kommenden Wochen begleiten sollte. Wir konnten das Buch dabei wahlweise für 25€ neu oder für 15€ gebraucht kaufen und es für eine Retoure von 10€ nach der Schulzeit wieder zurückgeben, sofern wir da nicht reingeschrieben haben und es noch in einem adäquaten Zustand war.

Anschließend wurden wir auf einige Klassen aufgeteilt, die sich nach den bereits vorhandenen Vorkenntnissen richteten. Hierfür gab es bereits im Voraus einen Online-Test und einen Video-Call, wobei ich sowieso bei Null anfangen wollte und aus Zeitgründen auf beides verzichtete. Also wurde ich an dem Montag in eine komplette Anfänger-Klasse eingeteilt und war insgesamt positiv überrascht von der Klassenkonstellation: Wir waren in der ersten Woche auf Papier sieben Personen, wobei der Altersdurchschnitt bei schätzungsweise Mitte 20 lag. Die Landeszugehörigkeiten waren mit Irland, Niederlande und Deutschland überschaubar, wobei letztere mehr als den halben Kurs ausmachten und auch insgesamt in der Schule sehr präsent waren. Auf Papier, weil die beiden irischen minderjährigen Mädels um fünf nach 9 – also nach 20 Minuten – feststellten, dass sie krank waren und sich erst eine Woche später am Montag wieder blicken ließen. Man konnte ihnen die Motivation für die Teilnahme an dem Kurs wortwörtlich aus dem Gesicht ablesen und wir machten uns im Laufe der ganzen zwei Wochen darüber ein wenig lustig, wie sie wohl von ihren Eltern nach Cádiz geschickt wurden, damit jene von den Kindern ein wenig Ruhe haben würden.

Insgesamt variierte die Teilnehmerzahl in der ersten Woche sehr stark: Während es ab Montag 9:05 Uhr von sieben Teilnehmern nie wieder mehr als fünf waren, gab es da noch zwei Jungs, die sich bei der Unterkunft statt für eine Gastfamilie für ein Zimmer in der „Residenz“ entschieden hatten. Hierbei handelte es sich um eine Art Hostel, welches aber ausschließlich Teilnehmer der Sprachschule beheimatete und sich so für den ein oder anderen zur Partyhochburg entwickelte. Bei den beiden besagten Jungs sorgte das im Bezug auf den Unterricht auf den ein oder anderen verkaterten oder auch komplett fehlenden Tag, sodass der „harte Kern“ neben mir noch aus zwei weiteren Personen bestand.

Vervollständigt wurde der Raum von Paqui, die die glorreiche Aufgabe hatte uns ahnungslosen Menschen eine neue Sprache beizubringen. Sie wohnte nicht in der Stadt selbst, sondern rund 50 Kilometer entfernt und pendelte für jeden Schultag mit dem Auto. Ansonsten schaffte sie es die ganzen zwei Wochen über, den ganzen Unterricht irgendwie unterhaltsam zu gestalten und zu führen, wovor ich bei so viel Input echt Respekt habe.

Der erste Schultag hatte schon sehr viel Input, wie dieses Tafelbild ahnen lässt :D

Der erste Schultag hatte schon sehr viel Input, wie dieses Tafelbild ahnen lässt 😀

In versammelter Runde begannen wir am Montag mit der ganz einfach gehaltenen Vorstellungsrunde, die auf einmal doch nicht mehr ganz so einfach ist, wenn man sich denn nur in einer fremden Sprache verständigen darf. Aber es ging relativ zügig vorwärts und so konnten wir schon nach den ersten ein bis zwei Tagen in natürlich noch sehr einfach gehaltenen Sätzen erzählen, wer wir denn sind, woher wir kommen, wie alt wir sind, welche Sprachen wir sprechen, welchen Beruf wir ausüben und welche Hobbies wir haben. Dabei sollte soweit möglich ausschließlich die spanische Sprache zum Einsatz kommen und mit dieser Beschränkung wird man alsbald kreativ, wenn man anfängt deutsche oder insbesondere englische Wörter zu „verspanischen“. Lustig war insbesondere am Anfang, wie oft man dabei tatsächlich das richtige Wort gebildet hatte und hierbei seien „interesante“, „creativo“ und „ni idea“ nur einige Beispiele.

Das Lernen erfolgte dabei mithilfe von häufiger Repitition: Erst nannte Paqui etwas, wie zum Beispiel ihren Namen, Wohnort, Alter und gesprochene Sprachen. Anschließend folgte die nächste Person, wobei sie dabei ihre Eigenschaften bewusst zur Wiederholung im ganzen Satz erzählen sollte. Nachfolgend stellten wir den Satz noch um, dass wir diese Daten nicht nur über uns sagten konnten sondern über jede andere Person. Als das dann auch saß, wechselten wir von der Aussage zur Frage, sodass wir uns gegenseitig bereits erste Dinge fragen konnten.

Insbesondere in den ersten Tagen brachte das alles meinen Kopf ziemlich zum Glühen und Dampfen, sodass ich jeden Nachmittag fix und fertig von der Schule bei meiner Gastfamilie ankam. Unter anderem lag das aber auch daran, dass ich im Gegensatz zu den meisten Teilnehmern des von 9:15 bis 13:10 gehenden „Hauptkurses“ noch zwei weitere Module hatte, sodass mein freier Tag erst um 15:10 Uhr begann. Das erste der beiden Module war ein Intensivierungskurs, den ich noch mit einer weiteren Person hatte und bei dem wir am Montag zunächst eine Lehrerin hatte, die den Kurs aber schon bereits nach diesem Tag an einen anderen Lehrer abgegeben hatte. In diesen 50 Minuten nach der Mittagspause wiederholten wir die Themen des Hauptkurses, lernten einige zusätzliche Vokabeln und bekamen oft schriftliche Aufgaben, die wir während des Unterrichts einzeln oder zu zweit zu lösen hatten und oft (aber nicht immer) besprachen. Aufgrund der vielen schriftlichen Stillarbeit mochte ich dieses Modul nicht sonderlich, was auch daran liegen mag, dass sich unser Lehrer während der Bearbeitungszeit die freien Minuten am Smartphone vertrödelte. Er war zwar für Fragen immer ansprechbar, jedoch beinhalteten diese 50 Minuten fast jedes Mal eine rund halbstündige Stillarbeitsphase.

Die Terrasse der Schule war willkommen zum frische Luft holen

Das letzte Modul, welches mich zum besagten Feierabend um 15:10 Uhr brachte, war Einzelunterricht mit Paqui. Dieser Teil hatte mich schon ab dem ersten Tag begeistert, weil er im Endeffekt aus 50 Minuten reinem Gespräch bestand, indem wir ein wenig ausführlicher über uns erzählen konnten, aber auch Themen durchnahmen, die im Hauptkurs zu der Stelle keinen Platz fanden. Dazu gehörten beispielsweise die Vokabeln für Nahrungsmittel, weitergehende (sportliche) Aktivitäten und und und. Auch dieses Modul bestand natürlich in Teilen aus einer Wiederholung der vorher im Laufe erlernten Sachen. Die Möglichkeit, so viel Spanisch zu sprechen, mich immer korrigieren zu lassen und bei dieser Korrektur auch eine Erklärung des Fehlers mit weiteren Beispielen zu erhalten lernte ich dabei aber so sehr zu schätzen, dass ich mich auf den Einzelunterricht als Schulabschluss jeden Tag sehr gefreut habe.

Mein Leben in Cádiz

Dennoch waren meine Gehirnsynapsen tagtäglich aufs neue froh darüber, dass irgendwann der Unterricht dann doch vorbei war und es zunächst immer einmal zur Gastfamilie gehen konnte. Der Fußweg waren nur wenige Meter, die ich wahlweise an der Straße oder am Meer entlang bestritt, ehe ich die drei Stockwerke über die Treppe zur Wohnung und ein weiteres Stockwerk hoch zu meinem Zimmer „kletterte“. Die in etwa Dreiviertelstunde bis zum Mittagessen war dabei die perfekte Zeit, um ein wenig herunterzukommen und das verarbeitete sacken zu lassen.

Das Mittagessen bei der Gastmutter war immer mehr als nur üppig und auch aufgrund der Portionsgröße ein Grund, warum ich es nicht als Abendessen gegen 21 Uhr zu mir nehmen wollte. Es gab fast immer einen großen Salatteller und einige Stücke Baguette sowie dazu eine Hauptspeise, die unterschiedlicher und ähnlicher zugleich nicht hätten sein können. Die Gemeinsamkeit aller Speisen bestand aus der Fischgrund- oder beilage, die dafür sorgte, dass ich in den zwei Wochen so viel Fisch und Meereslebewesen aß, wie sonst nie zuvor in meinem Leben. Was in Teilen auch echt gut schmeckte und hier und da etwas neues war, wie beispielsweise eine klassisch spanische Paella mit Fisch, Muscheln und Scampi, war mit der Zeit doch ein wenig anstrengend und hatte am vorletzten Tag so ein bisschen seinen Höhepunkt erreicht: Die Reispfanne an jenem Donnerstag schmeckte sooooooo übertrieben nach Fisch, dass sie beim Essen fast wieder hochkommen wollte. Auch der zweite Gastschüler, der in der zweiten Woche das frisch gestrichene Zimmer belegt hatte, war von dem Essen nicht ganz angetan.

Das Essen bei der Gastfamilie war immer sehr üppig...
...und mit einigen Lokalitäten zum Entdecken und Probieren

Im Großen und Ganzen verließ ich den kleinen Esstisch aber an den meisten Tagen glücklich und satt. Dabei aß ich so ziemlich jeden Tag eigentlich alleine, weil die Gastmutter ihre Essenszeit früher oder später hatte und sich auch nie wirklich zum Essen dazusetzen wollte, was ich insbesondere am Anfang sehr schade fand. So verbrachte ich auch das Frühstück weitestgehend alleine, welches seitens der Gastmutter aus einem in der Mikrowelle aufgewärmten Tee, vier Toasts, Butter und Marmelade bestand. Ich hatte bereits am Wochenanfang mit meinem existenter werdenden Spanisch gefragt, ob ich denn auch eigene Sachen im Kühlschrank lagern könnte, was für sie kein Problem war. So ging es an einem Tag nach der Schule zum Aldi, wo ich mir Käse, Chorizo und einen Frischkäse organisierte, weil ich vier Toasts nur mit Marmelade schon am zweiten Morgen mehr als langweilig fand. Irgendwann wurden die Sachen leer und ich fand es sehr süß, dass mir Antonia einen Schmierkäse und einen normalen Käse mitgebracht hatte, als sie leerer werdenden Packungen im Kühlschrank gesehen hatte.

Selbstverständlich habe ich in Cádiz aber nicht nur zwei Wochen die Schulbank gedrückt, gegessen und geschlafen 😀 Die Schule hatte ein eigenes kleines kulturelles Programm für den Abend angeboten, zu welchem ich mich an dem ein oder anderen Tag dazugesellte. Unter anderem gab es am ersten Schultag eine Führung durch die Altstadt, von der ich jedoch nur durch einige Übersetzungen ins Deutsche großartig was mitnahm, weil mein Spanisch nach fünf Schulstunden leider nicht gut genug dafür war. Da war ich froh über die Gesellschaft auch einiger Leute aus meinem Kurs.

Die Straßen von Cádiz bei Dämmerstimmung

Während wir uns an den Tagen unter der Woche meist in kleinerer Runde abseits der schulischen Angebote zum Essen oder einfach nur auf ein oder zwei Cerveza trafen, machten wir am Samstag einen Tagesausflug nach El Puerto de Santa María. Die Hafenstadt liegt leicht nördlich von Cádiz auf dem spanischen Festland und konnte uns relativ schnell bewusst machen, was uns „Landeiern“ in der Küstenstadt unserer Schule fehlte: Grüne, Weite, mal fünf Meter keine Hunde und auch eine gewisse Distanz zum Meer.

<em>Castillo de San Marcos</em>
Weltkarte von Juan de la Cosa, der mit 1492 zusammen mit Kolumbus Amerika entdeckte
Ein verlassenes Lagergebäude

Der Ausflug nach El Puerto de Santa María war im Kulturprogramm als Besuch einer Weinstube beschrieben (ich hat da etwas zu idyllisch ein Weingut vor Augen), stellte sich am Ende als ein Bummel durch die Altstadt mit dem Besuch des Museo Arqueológico Municipal, der zufälligen Anteilnahme an einer Hochzeit vor der Kirche Mayor Prioral in Kombination mit der Einkehr in das vornehme Restaurant Toro tapas raus. Das Essen dort war sehr lecker und am Ende preislich auch im Rahmen (wir haben uns eine Käse- und eine Schinken-Platte geteilt, anschließend hatte ich zur Hauptspeise einen Burger), auch die beiden Weine, die ich probiert habe (ein Palomino Fino aus Bailen und mit dem Pedro Ximénez 1827 der wohl süßeste Wein, den ich je getrunken habe), waren sehr gut.

Weinkellerei <em>Bodegas Grant</em>
<em>Real Plaza de Toros</em>
Auch El Puerto de Santa María hatte einen gewissen kubanischen Flair
Die Hochzeit an der <em>Iglesia Mayor Prioral</em>
Museo Arqueológico Municipal
Leckerer Burger und Wein bei <em>Toro tapas</em>

Jedoch hatte ich mir einen etwas anderen Ausflug vorgestellt als ein entspannter Bummelausflug, der mit der Zugfahrt um 10 Uhr begann und mit dem Andocken der Fähre in Cádiz um 16 Uhr wieder endete. Und irgendwie stand dieser Ausflug für mich ein wenig symbolisch für das allgemeine Programm der Schule, was übrigens nicht nur meine Meinung war. Während die Programmpunkte in der ersten Woche (es gab beispielsweise auch noch einen „Velo-Ausflug“ und einen gemeinsamen Besuch der Kathedrale) hier und da ihre Interessenten finden konnten, mussten wir abends bei dem ein oder anderen Glas feststellen, dass wir das Angebot insgesamt sehr mau fanden, vor allem wo es durchaus Potential gegeben hätte.

Die Rückfahrt mit der Fähre
Links ein altes Schiff, rechts im Hintergrund die <em>Puente de la Constitución de 1812</em> als einer der zwei Straßenwege nach Cádiz

Was mir erst mit der Zeit bewusst wurde war, dass ich dennoch während des Aufenthalts in Cádiz mein Leben zu Hause ein wenig vergessen und ein „anderes Leben“ führen konnte und auch geführt habe. Das ergab sich ganz automatisch durch die Zeit in der Schule und die Abende, die wir irgendwo zusammensitzend verbracht haben und währenddessen ich wieder mal neue Leute mit spannenden Lebensgeschichten kennenlernen durfte. „Leider“ waren die meisten davon aus Deutschland, sodass wir auch sehr schnell zum Deutschen übergingen, nichtsdestotrotz fühlte es sich manchmal an wie ein langer Layover. Oder wie ein Layover mit Kollegen, die man gut kennt – etwas, was mir seit dem Wechsel der Firma in der Fliegerei sehr fehlte.

Mein Eindruck von Cádiz

Rückblickend könnte ich mir für den zweiwöchigen Aufenthalt keinen besseren Ort für eine Sprachreise vorstellen. Auf der anderen Seite war ich am Ende auch froh darüber, Cádiz zu verlassen, was mehrere Gründe hatte: Cádiz ist eine kleine auf einer Halbinsel gelegene Küstenstadt mit rund 115.000 Einwohnern. Der größte Vorteil solcher Städte ist natürlich, dass es keine allzu großen Wege gibt: Jede Ecke der zentraleren Stadt konnte in maximal einer halben Stunde zu Fuß erreicht werden und musste es mal weiter weg gehen, fuhr ein Bus oder ein Zug. Der Stadtkern selbst war komplett fußläufig, sodass ich abseits der drei Ausflüge nach El Puerto de Santa María, Sevilla und Gibraltar sowie der Wege vom/zum Flughafen in der gesamten Zeit kein Fahrzeug irgendeiner Art betreten habe und irgendwann auch auf Google Maps verzichten konnte, um mich in der Stadt zurecht zu finden.

Dieser Vorteil war hin und wieder auch ein Nachteil, denn man traf relativ schnell andere Leute aus der Schule wieder, ob man irgendwie Essen ging, an den Strand oder abends in eine Bar – auch wenn man das in dem Moment nicht wollte. So sehr ich mich am Anfang drüber gewundert hatte, dass Paqui jeden Tag fast 50 Kilometer zur Arbeit fährt, so sehr konnte ich das unter dem Gesichtspunkt verstehen.

Ein anderer damit zusammenhängender Grund für ihr Pendeln und für meine Freunde über die Rückkehr in die Heimat war die fehlende Weitläufigkeit der Umgebung. Mit der Zeit fühlte ich mich ein wenig eingeengt durch das Meer an jeder Küste der Stadt und mir fehlte es an Landschaft, Freiraum und auch ganz simpel an Grün: Insbesondere mit dem Parque Genovés konnte Cádiz eine ziemlich schöne Parkanlage aufweisen, war sie abgesehen vom Jardines de Alameda Apodaca auch fast die einzige nennenswerte Grünfläche im gesamten Stadtkern.

<em>Jardines de Alameda Apodaca</em>
<em>Jardines de Alameda Apodaca</em>

Eine weitere Sache, warum ich einen dauerhaften Wohnsitz in Cádiz vermutlich ablehnen würde, wäre der Hafen der Stadt. Durch seine Geschichte (oder aus anderen Gründen) ist der Altstadtkern ein beliebtes Anlegeziel von Kreuzfahrtschiffen auf ihrer Reise durch das Mittelmeer. Und während die Anwesenheit eines solchen Schiffes verschmerzbar sein mag, mussten wir am letzten Tag gleich vier Schiffe ertragen, die das Herumlaufen in der Stadt nahezu unmöglich und unfassbar anstrengend machten. Auch, weil drei der vier schwimmenden Kleinstädte voll mit deutschen Touristen waren und die so ziemlich jedes Klischee deutscher Touristen erfüllten, welches sie nur erfüllen konnten.

Die engen Gassen prägen das Stadtbild von Cádiz...
...und waren auch bei Hunden sehr beliebt

Dagegen war die überdurchschnittliche Anzahl an Hunden in Cádiz fast schon verschmerzbar. An sich habe ich mit Hunden kein Problem und sie würden mich auch nicht stören. Jedoch gibt es in der Altstadt so gut wie kaum Grünflächen, wo die Hunde die Möglichkeit haben, ihr Geschäft – egal ob groß oder klein – zu entrichten. Also wurden sie mit der Zeit darauf „trainiert“, es einfach auf die Straße zu machen. Zwar haben viele Hundebesitzer beim Gassi gehen eine Flasche Wasser dabei, mit der sie das kleine Geschäft der Hunde weg zu „spülen“ versuchen, aber mehr als ein Versuch ist es meist dann nicht. Und so kann es ganz besonders abends hier und da mal sein, dass man eine der verwinkelten kleinen Gassen der Stadt antrifft, die ein ähnliches Geruchsaroma hat, wie ein deutscher Autobahnrastplatz.

Die Sonnenuntergänge waren einfach wunderschön...
...egal an welchem Abend man ans Meer ging, solange es klar war
Die ganze Promenade erstrahlte mit der Zeit in gelbem Laternenlicht...
...und machte die Abendstimmung sehr magisch

Trotz all der eben genannten Kleinigkeiten konnte Cádiz aus einem ganz simplen Grund mein Herz relativ schnell gewinnen: Dem Wetter. Aufgrund der südlicheren Lage und der Nähe zum Meer war es selbst bis Mitte Oktober bei Temperaturen bis teilweise 28 Grad so warm, dass man lange Hose und Pullover getrost im Koffer lassen konnte. Wie mir unter anderem die Leute aus der Schule erzählt haben, wird es im Sommer aufgrund des maritimen Klimas auch nicht viel wärmer als das. Die Wassertemperatur kommt dabei natürlich nicht an die Karibik heran, nichtsdestotrotz waren die zweieinhalb Wochen Aufenthalt dort eine perfekte Verlängerung des Sommers.

Dos semanas después…

Und so vergingen zwei warme Wochen schneller als gedacht. Insgesamt hatte ich in der Zeit leider nur acht Schultage, da der 7.10. als Feiertag in Cádiz und der 12.10. als Spanischer Nationalfeiertag freie Tage waren, an denen kein Unterricht stattfand. Während wir in der ersten Woche noch zu fünft waren, war der Klassenraum in der zweiten Woche mit insgesamt zehn Leuten um einiges voller: Zum einen waren die „kranken“ Mädels aus Irland wieder „gesund“ geworden, zum anderen bekamen wir noch Zuwachs aus den Niederlanden, Deutschland und Italien. Als ich im Einzelunterricht am letzten Schultag von Paqui gefragt wurde, wie ich die zwei Wochen fand und das als kleinen Rückblick nutzte, war ich schon schwer begeistert: Ich konnte mich bei langsamer Sprechweise halbwegs auf Spanisch verständigen und kannte halbwegs genug Vokabeln, um im Restaurant beispielsweise Sachen zu bestellen oder auch einen sehr rudimentären Ansatz von Smalltalk zu führen.

Selbstverständlich forderte das meinen Kopf immer noch sehr, aber irgendwann Anfang der zweiten Woche war ich soweit, dass ich nicht mehr ganz so aufmerksam das Verb in gesprochenen Sätzen suchen musste und bereits längere Sätze selbst bilden konnte, sofern ich denn dafür vom Gegenüber genug Zeit zum Denken bekam. Im Unterricht wiederum konnten wir an den letzten Tagen bereits einige leichte Texte lesen, die sich mit der Geschichte einiger spanischer Länder befassten. Auch wenn man noch nicht jede Vokabel gehört hatte, war es erstaunlich, wie viel man sich so aus dem Kontext erschließen konnte.

Die Sprachschule verließ ich mit einem gemischten Gefühl: Da in der zweiten Woche der Feiertag auf einen Mittwoch fiel, merkte ich hier ein wenig die verschwindende Aufmerksamkeitsspanne, die am Donnerstag ihren absoluten Tiefpunkt erreicht hatte. Daher war ich am Freitag doch irgendwie froh, dass sowohl der Kurs als auch der Aufenthalt in der Gastfamilie zu Ende ging. Insbesondere mein Kopf freute sich auf eine Pause vom Lernen und dem nahenden Ende vom Denken darüber, was man jetzt eigentlich sagen möchte und was die entsprechenden Worte dafür sind.

Nichtsdestotrotz war ich bei der kleinen „zeremoniellen Übergabe“ des Zertifikats am letzten Tag sehr glücklich darüber, dass ich endlich mal einen solchen Kurs gemacht habe. Es wird sicher nicht meine letzte Sprachreise gewesen sein, wobei ich sie beim nächsten Mal – sofern es beruflich möglich ist – gerne mehr in den Alltag integrieren würde: Konkret würde das für mich einen längeren Aufenthalt und weniger Unterricht am Tag bedeuten (beispielsweise ohne das Zwischenmodul, welches ich eher anstrengend fand). Gleichzeitig würde ich dabei ein wenig mehr das normale Leben fortführen, wie zum Beispiel mit selbständiger Arbeit etc. Auch würde ich nicht mehr als zwei Wochen bei einer Gastfamilie verbringen wollen, denke ich.

Insgesamt fand ich es natürlich toll, mich nicht großartig ums Essen und sonstige Haushaltssachen kümmern zu müssen, jedoch hätte ich zwischendurch auch mal gerne wieder selbst gekocht (vor allem auch ohne Fisch), „für mich“ gelebt und nicht nur in einem Zimmer bei irgendwie doch fremden Personen. Daran änderte auch die insgesamte Gastfreundlichkeit der Familie nichts, mit der ich aufgrund der viel zu hohen Sprachbarriere und der relativ kleinen Wohnung leider nicht viel an Kontakt hatte.

Und so übergab ich am Freitag Nachmittag stolz und erleichtert Paqui eine Tüte Haribo als Dankeschön für den tollen Unterricht zusammen mit der Erklärung, wofür der Name „Haribo“ steht, Antonia eine Flasche deutschen Rotwein als Dankeschön für die Zeit bei der Gastfamilie und machte mich bei strahlendem Sonnenschein schnell auf den Weg zu Franzi, die bereits am Morgen des Tages in Cádiz gelandet war.

Zeit für einen kleinen Besuch

Bei dem Besuch wollte sie sich von meinen neu gelernten Spanisch-Kenntnissen hautnah überzeugen und zugleich natürlich selbst ein wenig der letzten Sommertemperaturen genießen, bevor es in Deutschland wieder richtig kalt wurde. Hierzu hatten wir uns über Booking ein kleines Apartment namens Pensión Cádiz gesucht, indem wir die Zeit von Freitag bis Mittwoch verbringen konnten, ehe es wieder nach Hause ging. Dabei handelte es sich um eine vollständige Wohnung mit zwei Schlafzimmern (man gönnt sich ja nichts), einem großen Wohnzimmer mit offener Küche, einem Badezimmer und einem kleinen Balkon hinaus in die enge Straße Calle Feduchy. Die Wohnung war ziemlich groß, sauber und diente uns neben Schlafplatz auch als Frühstücksplatz, wobei das Frühstück in jenen Tag mehr als überschaubar war: Aufgrund der kurzen Verweildauer hatte es sich kaum gelohnt, größere Sachen zu kaufen, sodass wir neben Brot ein wenig Käse, Schinken und Paprika hatten, was mit der Zeit alles nach und nach ausging. Dies war auch Grund genug, zurück in Deutschland erstmal im Cafe del Sol vernünftig frühstücken zu gehen.

Das Wohnzimmer vom Apartment, links ein Schlafzimmer, hinter der Kamera die Küche

Die knapp sechs Tage verbrachten wir nur zum Teil in Cádiz, wo wir uns zum einen am kilometerlangen Playa de la Victoria sowie am westlich gelegenen Playa la Caleta in die Sonne zur Fotosynthese platzierten, frei in der Stadt umherirrten, aber auch eine geführte Tour mit Cadizfornia Tours (welch Name) machten. So bekam auch Franzi einen historisch fundierten Einblick in die Stadt und ich nach der spanisch geführten Tour nun auf Englisch einen Einblick, den ich auch verstehen konnte. Am meisten fasziniert hat mich dabei der Fakt, dass Cádiz eine starke Ähnlichkeit zu La Habana, also der kubanischen Hauptstadt Havanna aufweist: Insbesondere wenn man am südlichen Küstenufer steht und einen Blick auf die Avenida Campo del Sur in östliche Richtung wirft, erinnert es sehr an das Steinufer in Havanna, was mir erst in dem Moment, indem es unser Guide uns erzählte, wirklich bewusst wurde. Bei der weiteren Recherche fand ich sogar heraus, dass die Kuba-Szenen des James Bond-Teils Stirb an einem anderen Tag in Cádiz und nicht in Kuba gedreht wurden.

Das Rathaus von Cádiz bei Nacht
<em>Plaza de San Juan de Dios</em> mit dem Rathaus im Hintergrund

Da wir an fast allen Tagen in Cádiz im Apartment gefrühstückt haben, musste für das Mittag-/Abendessen natürlich etwas ordentliches her und selbstverständlich dürfen Essensfotos auf diesem Blog nicht fehlen. So ging es in den Tagen unter anderem in die El Tinte Superbar, in der es die fabulösen Burger gab. Während wir am Samstag im Restaurante Destino direkt am Plaza de San Juan de Dios landeten, kehrten wir am Dienstag für klassische Tapas in das La Gorda te da de Comer ein, wo ich keine Fotos von habe. Sofern ich mich richtig erinnere, mag das an dem dort angebotenen und äußerst leckeren Sangria liegen 😀

Burger in der <em>El Tinte Superbar</em>
<em>Restaurante Mesón Criollo</em>

Am Montag ließen wir uns im Restaurante Mesón Criollo nieder, welches im Vergleich zu den ersten beiden genannten seeeehr touristisch war. Die Kellner konnten alle wichtigsten Sprachen und waren nett, aber ein wenig unentspannt unterwegs, wie ich fand. Das Essen war scheinbar wieder kein Foto wert – zumindest finde ich keins – aber ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir uns die Speisen geteilt haben, ich aber auf irgendeinen Fisch verzichtete, weil er mich geschmacklich zu sehr an die fischige Reispfanne vom Donnerstag erinnerte. Am Ende waren wir irgendwie noch nicht satt und bestellten uns dann noch Chicken Nuggets mit Pommes – oh und es gab jeweils ein großes Glas Sangria zum Essen 😀

Irgendwann landeten wir auch noch im Mercado, einem rechteckigen Gebäude mit offenem Innenhof, in dem verschiedene Händler diverse Lebensmittel verkauften. Bis zum Mittag gab es in einer Hälfte des Hofs frische Sachen, wie Obst, Gemüse, Fleisch und Fisch, während das Ganze nachmittags und abends zu einem Treffpunkt wurde, an dem allerlei Essen und Trinken serviert wurde. Hier kam Franzi auch dazu, eine spanische Paella zu probieren, die ihr ziemlich gut schmeckte.

Das gemeinsame an allen Restaurant-Besuchen war, dass ich die meiste Kommunikation mit Kellern und Mitarbeitern übernahm und diese im groben auch auf Spanisch funktionierte, was mich ziemlich stolz machte. Süß fand ich den Barkeeper im La Gorda te da de Comer, der mir dann trotzdem auf Englisch antwortete, aber sehr begeistert davon war, wie gut ich denn einfache Sachen für zwei Wochen Lernen kommunizieren konnte.

Der verschollene Weinpreis

Ein Running Gag durch die gemeinsamen Tage in Cádiz war der Primavera Blanco: Für den Strandausflug am Samstag wollten wir uns einen Wein mitnehmen und so gingen wir vorher noch zum Carrefour direkt gegenüber vom Mercado, wo wir uns eine Flasche Weißwein nach den zwei uns vertrauten Kriterien aussuchten: Dem Preis und einer schönen Flasche. Dabei landete der besagte Wein rechts unten im Regal stehend bei uns im Auge und später auch an der Kasse, wo der Kassierer aber leider damit überfordert war, den Wein einzuscannen, denn er war scheinbar nicht im System hinterlegt. Wir hatten im Regal auch kein passendes Etikett gesehen, aber Google spuckte einen akzeptablen Preis aus, also nahmen wir ihn vor dem Regal stehend mit. Der Kassiere versuchte Unterstützung zu bekommen, verschwand irgendwann in der Weinabteilung und kam mit einer x-beliebigen anderen günstigen Weinflasche wieder, die er dann einscannte.

Uns schmeckte der Wein sehr, also wollten ihn wir beim nächsten Mal wieder kaufen und auch herausfinden, ob er denn mittlerweile im System war – aber dem war nicht so. Die Flaschen standen zwei Tage später nicht mehr rechts unten, sondern links oben in der Weißwein-Abteilung, aber auch hier musste die an der Kasse überforderte Mitarbeiterin irgendeine Alternativflasche suchen und scannen. Bemerkenswert war dabei, wie sie im Alter von Mitte 20 bei der Bedienung irgendwann ihr Handy zücken musste, um uns mit Google Translator auf Englisch mitzuteilen, dass wir doch bitte einen Moment warten, während sie das regelt. Da schockierte mich ein wenig das, was ich bisher nur von Franzosen kannte, die auf das Lernen – oder die Nutzung – der englischen Sprache gerne verzichteten.

Der Rückflug

Von den sechs Tagen in Cádiz machten wir insgesamt zwei Tagesausflüge, die uns in die andalusische Hauptstadt Sevilla und das britische Überseegebiet Gibraltar führten, wobei ich beiden Ausflügen separate Blogeinträge gewidmet habe, die ich hoffentlich im Nachhinein auch hier verlinken werde (PS: Ist geschehen 😀 ).

Am Mittwoch und damit letzten Tag ging es nochmal ein wenig in die Stadt, wo wir uns ein paar Magneten und Postkarten organisiert haben, die wir anschließend am Plaza de San Juan de Dios mit einem letzten Ausblick auf das Rathaus in Beisein einer leckeren Portion Churros ausgefüllt haben. Das Schlendern durch die Stadt war an diesem Tag auch ohne Gepäck – welches wir nach Check-Out glücklicherweise bei der Rezeption des Apartment-Komplexes dalassen konnten – unfassbar anstrengend, weil insgesamt vier Kreuzfahrtschiffe an diesem Tag im Hafen von Cádiz Halt machten. Wie oben schon erwähnt, waren drei davon aus Deutschland und das war ein bisschen anstrengend. An diesem Tag und allgemein in Cádiz habe ich beispielsweise so oft wie noch nie Leute mit der Google Maps-Fußgängernavigation auf Lautsprecher gehört – und das jedes Mal auf Deutsch.

Mit der D-ATCC ging es dann wieder zurück ins kalte Deutschland

Kurz vor 15 Uhr schnappten wir uns unsere Koffer und Rucksäcke und machten uns auf den Weg zum Bahnhof, von wo es wieder zurück zum überschaubaren Flughafen von Jerez de la Frontera ging. Planmäßig sollte der Flug um 18:40 Uhr starten, sodass uns der Start in die knapp einstündige Strecke aus Cádiz um 15:30 Uhr mehr als ausreichte. Wieder am Flughafen stehend war es irgendwie komisch, nach Hause zu fliegen: Ich war zwar froh, die nächsten Tage kein Fisch mehr riechen zu müssen und auch der Geruch von Hundeurin wird nicht auf der Liste der Dinge stehen, die ich rückblickend vermissen werde. Aber es war cool, für zweieinhalb Wochen in fast schon ein komplett anderes Leben an einem komplett anderen Ort einzutauchen. Das klang in diesem Moment nach etwas, was ich vielleicht nochmal und vielleicht auch länger versuchen sollte…

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