Von den sechs Tagen in Cádiz verließen wir die Stadt an zwei davon für Tagesausflüge in nahegelegene Städte. Zum einen war das das britische Überseegebiet Gibraltar, zum anderen am Sonntag ein Tagesausflug nach Sevilla, um den es in diesem Blogeintrag gehen soll. Für die Bahnfahrt in die andalusische Hauptstadt musste man bereits im Voraus Tickets erworben haben, mit denen man auch einen Sitzplatz zugewiesen bekam. Denn es gab in diesem Zugtyp keine Stehplätze, sodass es bei der Buchung im Gegensatz zur Deutschen Bahn dazu führen konnte, dass man für den Zug kein Ticket mehr buchen konnte, weil er nach spanischer Definition voll war. Betrachtet man den Fakt, dass die Züge allerhöchstens einmal die Stunde fahren, erübrigen sich in der Regel so spontane Ausflüge und man ist gezwungen, mindestens drei bis vier Tage vorher ein Ticket zu buchen. Preislich war das ganze in Ordnung, so hat die Hin- und Rückfahrt pro Person 41,55 Euro gekostet und jeweils rund anderthalb Stunden gedauert.
Mit einer Abfahrtszeit von 8 Uhr morgens kamen wir gegen halb zehn am Bahnhof Sevilla Santa Justa an. Der Bahnhof in Sevilla war von einer sehr großen Halle bedeckt, hatte abseits der Gleise aber gefühlt nur wenige Warte- und Imbissmöglichkeiten für einen Bahnhof dieser Größe, was insbesondere am Abend etwas anstrengend geworden ist. Von außen sah er jetzt nicht so spektakulär aus und passte sich allgemein in die Straßen um den Bahnhof gut ein, die alle ein wenig trist wirkten. Erst als wir die größeren Straßen verließen und uns in Richtung unseres ersten Ziels, der Setas de Sevilla bewegten, erreichten wir bunte und gepflegtere Gebäude, die ihren vollen spanischen und mediterranen Charme versprühten.
Setas de Sevilla
Die Setas de Sevilla sind eine 150 Meter lange, 70 Meter breite und 26 Meter hohe Holzkonstruktion, die aus sechs pilzartigen Sonnenschirmen besteht und auf einem ehemaligen Marktplatz errichtet wurde, als der Bau neuer Bürogebäude aufgrund der Funde aus römischer Zeit gestoppt werden musste und man den Platz künstlerisch in Szene setzen wollte. Auf den Sonnenschirmen ist ein Rundweg eingerichtet, der in jede Himmelsrichtung eine wunderschöne Aussicht über die Dächer der Stadt ermöglicht, während das ganze abends mit Lichtern elegant in Szene gesetzt wird. Da der Eintritt auf die Aussichtsplattform im Oktober 2022 noch fünf Euro pro Person kostete (im Gegensatz zu jetzt 15 Euro), zögerten wir nach einem leckeren Frühstück in der La Taberna la Encarnación nicht lange und bewegten uns mit dem Fahrstuhl nach oben, wo nachfolgend Bilder mehr als Worte sagen.
Insbesondere, da auch das Wetter gepasst hat, haben wir den Ausflug nach oben und den bis ins Hinterland von Sevilla möglichen Ausblick nicht bereut, wobei ich nicht weiß, ob er mir den heute aufgerufenen Preis von 15 Euro wert wäre. Insbesondere, wenn man sowieso die Kathedrale und den dort vorhandenen Turm besichtigt, von dem aus man auch einen – wenn auch anderen – Ausblick auf die ganze Stadt hat.
Mit dem Fahrrad an den Stadtrand und nach Triana
Nachdem wir wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen waren, entschieden wir uns für eine kleine Fahrradtour und installierten uns dazu die App von Ridemovi, wovon wir in der Umgebung der Setas diverse Fahrräder haben stehen sehen. Anschließend ging es mit dem Rad den Canal de Alfonso XIII in nördliche Richtung entlang – erst auf der Westseite fast bis zur Stadtgrenze durch einige Parkanlagen und anschließend zurück auf der Ostseite, wo wir zwischendurch eine Pause machten und einem auf dem Kanal stattfindenden Kanu-Wettbewerb zuschauten.
Auf dem Rückweg passierten wir am Busbahnhof wieder den Kanal und machten einen kleinen Abstecher in den historischen Stadtteil Triana, wo wir nach knapp zwei Stunden unsere Fahrräder in der Nähe des Plaza de Cuba parkten und zu Fuß den Weg zum Mercado de Triana bestritten.
Ähnlich wie beim Mercado in Cádiz gab es hier je nach Tageszeit verschiedene frische Waren, aber auch fertige kleine Speisen und Tapas, wofür wir uns dann auch letztendlich in Kombination mit einem vorzüglichen Sangria entschieden, während wir einem deutschsprachigen Rentner-Pärchen dabei zusahen, wie es alle Klischees deutscher Touristen erfüllte beim Versuch, etwas zu Essen zu bestellen.
Catedral de Sevilla
Zu Fuß ging es von dort anschließend zur Catedral de Sevilla, für die ich schon im Voraus online für 11,50 Euro pro Person ein Ticket mit Zeitslot gebucht hatte. Wir kamen ziemlich pünktlich an, mussten erstmal jedoch den Eingang finden und konnten dann an allen Leuten vorbeispazieren, die ihren Einlass-Slot erst in 10 oder 20 Minuten hatten, wofür sich schon zwei entsprechende Schlangen gebildet hatten. Unsere Einlassschlange für 15:15 war scheinbar schon drin, sodass wir nicht anstehen mussten.
Allein in der Nähe der im 15. und 16. Jahrhundert erbauten Anlage angekommen verspürten wir eine gewisse Unlust auf die kommenden anderthalb Stunden, weil es wieder voller Touristen wimmelte, dennoch kämpften wir uns zunächst den Weg nach oben auf die Spitze des Turmes, der – wie mir in meiner ersten Cádiz-Tour aus dem Spanischen übersetzt wurde – wie auch die Kathedrale in Cádiz keine Stufen besaß, sondern Rampen, sodass es auch mit einem Wagen an einem Pferd möglich war, die etwa 70 Meter hohe Galerie zu erreichen. Von hier oben hatte man trotz der Menschenmenge eine wunderschöne Aussicht auf die Stadt, dieses Mal auch einschließlich der Altstadt, die sich ja direkt unter einem befand.
Wieder unten erkundeten wir die Kathedrale als solches mit ihren pompösen Altaren und den darüber thronenden Orgeln, den Gängen sowie dem Sarkophag von Christoph Kolumbus, ehe wir auf dem Orangenhof herauskamen. Jenen hatte ich mir deutlich größer vorgestellt und war in dem Moment irgendwie sehr enttäuscht, dass hier nur ein paar Bäume vorzufinden waren.
Wir genossen kurz mit unseren Nasen das Aroma, welches die Bäume im von Mauern umringten Hof von sich gaben und verließen die Anlage wieder. Es war auf jeden Fall faszinierend anzusehen, was für pompöse Bauten vor 600 Jahren errichtet worden – insbesondere, wenn man das mit der heutigen meist zweckmäßigen Architektur vergleicht – aber solche Bauten sind für uns kein Ort, wo wir uns den halben Tag aufhalten und im Rahmen einer Tour oder eines Audioguides über jedes Kirchenschiff bis ins letzte Detail unterrichtet werden müssen. Wen das interessiert, der sollte da auf jeden Fall mehr als anderthalb Stunden einplanen.
Plaza de España
Eigentlich wollten wir von hier zum Real Alcázar de Sevilla, einem berühmten Königspalast mit einer wunderschönen dazugehörigen Gartenanlage, doch irgendwie fanden wir den Eingang nicht beziehungsweise mussten feststellen, dass er schon geschlossen hatte. Also gingen wir zum Plaza de España, der 1924-28 erbaut wurde und unter anderem als Filmkulisse für Star Wars diente. Dem Platz, respektive dem um den Platz herumliegenden Gebäude sah man das Alter irgendwie nicht wirklich an und ich hätte beides auch deutlich älter geschätzt. Aber ich habe auch keine Ahnung von Architektur… 😀
In der Mitte des Platzes befindet sich ein Kanal mit einigen Brücken, die ein klitzekleines bisschen Venedig-Feeling aufkommen lassen, während an der zum Platz liegenden Gebäudeseite die 48 Provinzen Spaniens mit Kachelornamenten verewigt wurden. An die Anlage schließt sich auch noch der Parque de María Luisa an, welcher sehr schön sein soll, den wir uns aufgrund des leicht einsetzenden Regens und der immer später werdenden Zeit nicht mehr angeschaut haben.
Stattdessen versuchten wir über die Ridemovi-App (wäre ich ein guter Influencer, hätte ich hier jetzt einen Affiliate-Link oder ein Sponsoring, so oft wie ich den Dienst hier erwähne; dem ist aber nicht so, Du findest jedoch auf dieser Seite einige Möglichkeiten mich zu unterstützen, falls Dir dieser Bericht gefallen oder bei der Planung Deines Aufenthalts in Sevilla geholfen hat 😀 ) zwei E-Scooter zu finden, zu denen mich Franzi nach vielen vorher gescheiterten Versuchen dann doch irgendwann überreden konnte. Dies war deshalb notwendig, weil ich für gewöhnlich doch ein Freund von vier Rädern unter mir bin, da mein Gleichgewichtssinn in den letzten Jahren irgendwie flöten gegangen ist.
Und so irrten wir mit den Scootern durch die Altstadt, wobei die Fahrzeuge halbwegs intelligent sind und in etwa wissen, wo man sich gerade befindet. Das wurde in die Fahrzeuge implementiert, weil es in Sevilla einige Straßen und Zonen gibt, in denen das Fahren mit einem E-Scooter verboten oder nur sehr langsam erlaubt ist. Und da sich die Menschen – in unserem Fall wäre es aus Unwissenheit – nicht dran halten würden, übernehmen diese Aufgabe die Scooter. Es ist also ganz ratsam, die Handyhalterung des Rollers zu nutzen, da in der App auf einer Live-Karte farblich markiert ist, wo man nur langsam (gelb) oder gar nicht (rot) fahren darf. Die Handyhalterung sollte man aber auch nur nutzen, wenn sie das Handy fest von allen Seiten einschließt, ansonsten kann es sein, dass einem das Smartphone während der Fahrt aufgrund der Vibrationen flöten geht und man dann einen neuen Bildschirm benötigt. Das ist mir zwar nicht bei den Ridemovi-Rollern in Sevilla passiert, aber einen knappen Monat später in Bonn.
Nach diversen Kilometern Straße sowohl mit Asphalt als auch mit Pflastersteinen – wo das Fahren besonders viel Spaß gemacht hat (vielleicht leicht ironisch gemeint, für die Hand- und Armmuskulatur war das auf jeden Fall anstrengend) – aber auch nachdem ich den Spaß am Blinken entdeckt hatte, kamen wir wieder an den Setas de Sevilla an. Hier parkten wir die Roller, holten uns im Eiscafé Helados Rayas je zwei Kugeln Eis als Belohnung für den anstrengenden, rund 26.000 Schritte umfassenden Tag und machten uns auf den Weg zurück nach Cádiz.
Unser Zug fuhr um 20 Uhr los und wir waren eine halbe Stunde zu früh am Bahnhof. Leider war das Gleis für den Zug noch nicht bekanntgegeben, sodass wir in der relativ kleinen und leicht überfüllten Einkaufs- und Bahnhofshalle warten mussten und uns gleichzeitig nicht sicher waren, ob wir irgendwas übersehen hatten. Denn die Bekanntgabe des Gleises erfolgte erst wenige Minuten vor der Einfahrt des Zuges und erst dann war es – nach passierter Ticketkontrolle – erlaubt, den Bahnsteig zu betreten. Das ganze geschah deswegen so kurzfristig, weil der Zug auch nicht pünktlich war, darüber gab es am Bahnhof an den digitalen Anzeigetafeln aber keinerlei Information, es schien jedoch auch niemanden zu stören.
Als wir dann wussten, dass wir im richtigen Zug saßen, war auch uns die leichte Verspätung egal und wir konnten uns in den bequemen Sitzen zurücklehnen und die dunkler werdende Umgebung abseits der Gleise auf dem Rückweg nach Cádiz genießen. Dort angekommen und kurz im Apartment frisch gemacht, landeten wir als gefühlt vorletzte Gäste um viertel vor elf noch in der Pizzería Osare, wo jeder von uns noch eine Pizza verspeiste. Mit einem Bier im abseits von ein paar der Spanisch-Schüler leeren Rollin’Rock Pub beendeten wir den Tag kaputt, aber doch mit vielen Eindrücken, mit denen wir einen Besuch in der Hauptstadt Andalusiens auf jeden Fall empfehlen können, auch wenn uns ein Tag tatsächlich gereicht hat.