Das „besondere“ am so genannten Crewlife ist geografisch gesehen, dass man sich teilweise sehr schnell immer wieder neu an andere Gegebenheiten anpassen muss. Sei es Landschaftsräume, Vegetationen, klimatische Bedingungen oder auch einfach nur Sprachen und Kulturen. Ein solches Abenteuer hatte ich im April, als mein Dienstplan eine für mich eher ungewöhnliche Streckenkombination herausgewürfelt hatte: Und zwar ging es am Sonntag von Frankfurt zunächst ins mexikanische Cancún, nach einem Stehtag in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ins bayrische München sowie von dort am Freitag nach Las Vegas. Die Tour endete am Sonntag Vormittag wiederum in München, wonach es für mich ohne Umwege zurück ins heimatliche Rheinland ging.
Statistisch gesehen bedeutete dieser Umlauf also fast meine kompletten Blockstunden (die Zeit zwischen Verlassen und Erreichen der Parkposition und damit auch die am Ende vergütete Zeit), er bedeutete drei Länder (Spoiler: es waren am Ende vier) und vier Regionen, die unterschiedlicher kaum hätten sein können.
Der erste Teil: Cancún
Der erste Abschnitt nach Cancún war weitestgehend unspektakulär. Mein Zug aus Düsseldorf ging am Sonntag um kurz nach 6 Uhr morgens, sodass ich noch das Formel 1-Rennen in Australien schauen konnte, um 10 Uhr war geplanter Abflug, ich durfte in der Business Class die Gäste verwöhnen und betreuen und exakt 11 Stunden und 42 Minuten nach Abflug landeten wir in Mexiko. Der Landeanflug war aufgrund der Hitze, die der Boden in die Atmosphäre abstrahlte, wie eine nie endende Fahrstuhlfahrt und es war im Großen und Ganzen sehr amüsant, die Gesichter der Gäste zu beobachten, deren Mimik in jenen zehn Minuten gefühlt lediglich durch das Auf und Ab in ihren Mägen gesteuert wurde. Insbesondere bei ein paar kleineren Gästen war es aber nicht nur die Mimik, über die der eigene Magen seinen Unmut über die aktuelle Fluglage kundtun wollte, jene dabei sitzende Eltern hatten aber immerhin sehr schnell eine Spucktüte griffbereit, sodass größere Missgeschicke vermieden werden konnten.
Als wir unsere Parkposition erreicht hatten, durfte ich an der Position 2L (die von vorne aus zweite Tür auf der linken Seite) die Tür öffnen und das Deboarding begann mit der Business Class. Dieses Prozedere hat zur Folge, dass ich an der Position 2L mit dem Rücken zum Ende des Flugzeugs stehe und damit zum einen die Passagiere der Economy Class am Aussteigen hindere (da die Business Class-Gäste hier Vorrang haben) und zum anderen die Gäste verabschieden kann. Diese Position hat jedoch den Nachteil, dass man nicht unbedingt mitbekommt, was hinter einem in der Economy Class passiert. Was durchaus ungünstig sein kann, wenn fast direkt hinter einem der Magen eines Passagiers jetzt erst beginnt, Adiós zu sagen.
Der folgende Absatz ist für Leser mit einer guten bildlichen Vorstellungskraft oder einem schnellen Ekelgefühl nicht unbedingt geeignet! Ich hatte es gar nicht mitbekommen, aber die Kollegin, die mir gegenüber an der Tür stand, zog mich irgendwann sehr unerwartet von meiner Position, wobei ich mich drehte und das Drama mit eigenen Augen sehen konnte: Ein Junge um die 12-15 Jahre stand bereit zum Verlassen des Flugzeugs, als er angefangen hatte, sich zu übergeben. Da er damit scheinbar nicht gerechnet und auch nichts griffbereit hatte, war das erste, in was er sich übergab, seine OP-Maske, die er sich mit dem Kopf nach unten gebeugt leicht vom Gesicht weghielt und die so als Schale fungierte. Ich war im Moment des Umdrehens viel zu perplex, um irgendwas zu tun, aber als die Maske anfing überzulaufen, brachte eine Kollegin den Jungen in den an der gegenüberliegenden Tür 2R befindlichen Waschraum, wobei er ein wenig den Gang zwischen den Tür vollgetropft hatte. Da wir sonst keine Ideen in der Situation hatten, legten wir einige Stofftücher über die Stelle, an der er gestanden hatte und begannen mit dem Deboarding der Economy Class.
War ich erst überzeugt und guten Mutes davon, dass ich nichts abbekommen hatte, musste ich dies im Hotel angekommen revidieren, als ich mir meine Schuhe leicht saubermachen musste. Immerhin bin ich da hart im Nehmen und bekomme selbst kein Übelkeitsgefühl, wenn sich jemand in meiner Nähe übergeben muss. Sonst wäre das deutlich schlimmer ausgegangen 😀
Den Aufenthalt in Mexiko passierte nichts weltbewegendes, ich war schon so oft da, sodass ich das Hotel nicht verlassen habe und das ziemlich leckere Buffet-Frühstück genossen habe. Den Rest des Tages habe ich programmiert, mich mit YouTube wachgehalten oder das Abendessen verschlafen. Der Rückflug war genauso interessant wie der Aufenthalt, sodass wir gut fertig nach sieben Stunden Zeitunterschied am Mittwoch Vormittag am Münchener Flughafen landeten.
Der zweite Teil: München
Die Landung in München war für mich etwas besonderes, war ich doch seit meinem letzten Prä-Corona-Flug nicht mehr am Franz-Josef-Strauss-Flughafen gewesen, dementsprechend waren der Ausblick aus dem Türfenster während des Rollens, die Einreise und die Wege durch das Terminal zum Crewbus sehr emotionaler Natur für mich und ich musste mir spätestens dann ein paar Tränen verdrücken, als wir im Doppeldecker-Crewbus saßen, der uns stolze acht Minuten später im Hotel in Hallbergmoos absetzte. Im schicken Hotel angekommen ging es zunächst unter die Dusche und anschließend für fünf Stunden ins Bett, weil ich vor dem Rückflug nur schlecht und während des Fluges gar nicht geschlafen hatte.
Ausgeschlafen und wieder unter den Lebenden fanden sich zwei Kolleginnen, mit denen ich mich abends gemeinsam auf den Weg ins Ristorante Il Girasole machte. Dort gab es eine sehr leckere Pizza, eine sehr freundliche Bedienung und einen Hauch von Italien, den man im Ort Hallbergmoos jetzt nicht unbedingt erwarten würde. Mir ist auch nicht klar, warum man dort – im Industriegebiet des Nachbarortes des Flughafens – ein Restaurant eröffnet, aber sei es drum. Gut gestärkt ging es wieder zurück ins Hotel, beziehungsweise ich machte alleine dann noch einen kleinen Spaziergang an die südliche Startbahn des Flughafens, die nur ein paar Fußminuten entfernt war. Im Dunkeln erblickte ich dort auch geparkt die alten A330-200, die vor Corona noch keinen Umbau mit einer Business Class bekommen haben, vermutlich deshalb nicht übernommen wurden und dort noch im alten Eurowings-Kleid abgestellt auf das Ende ihrer Leasing-Zeit warten – ein irgendwie sehr trauriger Anblick, denn dort steht mit der D-AXGD das Flugzeug, mit dem ich meinen ersten und letzten Flug beim alten Arbeitgeber hatte.
Das Frühstück im schicken und neuwertigen Hampton by Hilton-Hotel konnte mich am nächsten Donnerstag Morgen nach rund sieben Stunden Schlaf mehr als überzeugen und nebenbei nutzten wir – zwei andere Kolleginnen und meine Wenigkeit – die ruhige Atmosphäre zum Planen unseres angesetzten Tagesausflugs. Wir hatten uns nämlich einen Mietwagen reserviert gehabt, mit dem wir ein wenig die Alpen unsicher machen wollten. Also machten wir uns nach dem Holen ein paar essentieller Dinge auf den Weg zum Münchener Flughafen, von wo es mit dem Mietwagen in Richtung Garmisch-Partenkirchen ging. Dort kamen wir nach anderthalb Stunden Fahrt mit dem sehr entspannt zu fahrenden Ford Focus Kombi an, nachdem ich ganz stolz jene Strecke über die A92 – A9 – Münchener Innenstadt – A95 ohne Navi zurücklegen konnte. In Garmisch angekommen, parkten wir zunächst in Nähe der Historischen Ludwigstraße, über die wir nach der grundlegenden medizinischen Notfallversorgung ein wenig schlenderten.
Besagte medizinische Notfallversorgung war deshalb notwendig, weil eine meiner beiden Mitstreiterinnen die Nacht über sehr ungünstig geschlafen haben muss und sich dadurch kaum bewegen konnte. Als wir uns nach dem Frühstück auf den Weg zur Bushaltestelle zur S-Bahn gemacht hatten, hatte ich überhaupt nicht den Eindruck, dass sie an diesem Tag groß viel zurücklegen wird – doch ich sollte mich an dieser Stelle täuschen. Für die medizinische Notfallversorgung suchten die beiden Damen eine Apotheke auf und schilderten der dortigen Mitarbeiterin den Sachverhalt, woraufhin jene die beiden direkt ins Krankenhaus zur weiteren Behandlung schicken wollte. Wir malten uns an diesem Moment schon aus, dass sie in Garmisch bleibt und wir aus dem Stand-By eine neue Kollegin erhalten würden, doch machten wir uns zunächst auf den Weg in die Historische Ludwigsstraße, wo die angeschlagene Kollegin in einer anderen Apotheke mit den selben Hinweisen ans Krankenhaus verwiesen wurde. Zurück am Parkplatz bei der ersten Arzeiausgabe erstand sie dann gegen Empfehlung der Mitarbeiterin wärmende Pferdesalbe sowie Ibuprofen, womit der Tagesausflug zumindest erträglicher werden sollte.
Die Historische Ludwigsstraße in Garmisch-Partenkirchen war eine schön anzusehende, relativ enge Einkaufsstraße, wobei sich die Einkaufsmöglichkeiten ziemlich in Grenzen hielten. Größere Ketten gab es immerhin gar nicht, aber auch die kleineren Läden waren meist eher spärlich ausgestattet und hatten zum größten Teil zu – und das, obwohl wir unseren Tagesausflug in den Osterferien bestritten. Es war jedoch sehr idyllisch, da die Häuser auf der Ludwigsstraße primär älterer Natur und dafür in einem sehr gepflegten Zustand waren. Jedes Mal, wenn man eine Kreuzung oder Einmündung der dicht bebauten Straße passierte und in die mündende Straße reinschaute, sah man zudem ein wunderschönes Alpenpanorama im Hintergrund – ein Ausblick, der sich leider nicht wirklich in Bilder fassen lässt, auch wenn ich es nachfolgend versucht habe.
Von der Ludwigsstraße aus begaben wir uns mithilfe unseres Autos an den Rand der Stadt zur Olympiaschanze. Das war mein persönliches Ziel, welches ich beim Besuch von Garmisch-Partenkirchen nicht missen wollte und welches mich gleich ein wenig an die Erkundung der Skisprungschanze in Titisee-Neustadt zwei Monate davor erinnerte. Im Gegensatz zu Titisee war die Schanze in Garmisch aber weitestgehend abgeriegelt und der Auslaufbereich durch Container zugestellt, eingezäunt und die Eingänge von irgendwelchen Ordnungshütern bewacht. Vom viel zu überteuerten Parkplatz einmal um die Schanze herum gegangen hatte man dann aber doch eine schöne Aussicht auf den Absprung und den Landebereich wie auch auf eine unfassbar idyllische Wiese mit einem plätschernden Bach und den Bergen im Hintergrund. Außerdem gab es auf dieser Seite der Schanze einen kleinen Souvenirshop, wo wir uns mit ein paar Postkarten und ich auch mit einem Magneten für meinen Kühlschrank bewaffnete.
Die schmerzerfüllte Kollegin hatte ihrerseits auf den Rundgang verzichtet und war im Auto geblieben. Was sie sich nicht entgehen lassen konnte, war jedoch die Sommerrodelbahn, die wir der Auffahrt mit einer Gondel der Eckbauerbahn vorzogen – nicht nur des Preises wegen. Ganz umhauen konnte uns die Abfahrt der Rodelbahn aber nicht. Immerhin war die Wartezeit dafür nicht lang, auch wenn der ältere Herr im Verkaufsbüdchen einer Person von uns fälschlicherweise einen Kinder-Jeton verkauft hatte. Mit ein wenig Überzeugungsarbeit konnte der Einweiser aber davon überzeugt werden, dass dieser Fehler aus dem Ungeschick des Verkäufers entstand.
Mit ausgefüllten Postkarten zurück am Auto angekommen entschieden wir uns gegen das Ansteuern des Krankenhauses und für ein doch deutlich schöneres Ziel: den Eibsee. Jener war nur rund zwanzig Minuten Fahrt Bundesstraße entfernt, wo ich mir einige Male ein wenig Kritik für meine sichere, entspannte und spritsparende Fahrweise anhören musste, die mir im Laufe des Tages auch ein wenig auf den Keks ging. Am erneut überteuerten Parkplatz am See angekommen erblickten wir zunächst die Zugspitze, die sich mit einer Gondelbahn zum stolzen Preis von 63 Euro Berg- und Talfahrt erklimmen ließ. Wir passten und machten uns auf den Weg an den See selbst, welcher zwar ziemlich idyllisch aussah, aufgrund der sich hinter den Wolken versteckenden Sonne aber nicht den Charme der Karibik Bayerns hatte.
Eine umfassende Instagram-Fotosession später verließen wir den Eibsee und damit auch Deutschland, denn unser letztes Ziel des Tages war das sagenumwobene Schloss Neuschwanstein. Der kürzeste Weg dorthin führte uns „leider“ durch Österreich und den kurzen Abstecher über die B187 und B179 nutzten wir für einen Zwischenstopp in einem Spar, wo ich mich mit Manner und Almdudler versorgte.
Nach diesem viel zu kurzen Besuch unseres Nachbarlands ging es wieder nach Deutschland und zum Fuß des Schlosses. Auch dort waren die Parkplätze wieder unverschämt teuer – zumindest empfinde ich zehn Euro als teuer. Wir hatten eigentlich irgendeine Bergbahn gesucht, die da hochfahren würde, fanden diese aber nicht und begaben uns zu Fuß hoch zum Schloss, was wir tatsächlich alle meisterten. Denn eine wiederholte Behandlung mit der Pferdesalbe und die Ibus haben der angeschlagenen Kollegin scheinbar soweit geholfen, dass sich ihr Gesundheitszustand von „gerade so zur Bushaltestelle humpelnd“ am Morgen zu „einmal zum Schloss Neuschwanstein hoch und runter“ geändert hatte.
Leider hatte das Schloss selbst bereits zu und auch die bekannte Marienbrücke, von der aus man einen wunderschönen Ausblick auf das Schloss und das dahinterliegende Flachland hat, war aufgrund von Bauarbeiten geschlossen. Trotzdem genossen wir die Aussicht auf das imposante Schloss und die von da tiefblickende Ebene unter anderem mit einem Ausblick auf den Alpsee und dem Forggensee, ehe wir den Berg wieder verließen und uns etwas zu Essen suchten. Fündig wurden wir dabei im Restaurant Alpenstuben, wo wir als eine der letzten Personen noch die warme Küche in Anspruch nahmen und uns sehr einig über das, was wir essen wollten, alle jeweils einmal die unfassbar leckeren Käsespätzle bestellten.
Während wir diese verputzten, hatte ich das Glück, dass man mir im Restaurant mein Handy laden konnte. Unser Ford Focus hatte zwar auch eine USB-Steckdose zum Laden, aber ich hatte nur ein Ladekabel mit USB-C-Anschluss an beiden Seiten dabei (sowie dem Stecker-Netzteil) und die beiden anderen auf diesem Tagesausflug waren jeweils mit einem iPhone unterwegs, sodass ich es mit Ach, Krach und Energiesparmodus mit 2% Restakku zum Restaurant geschafft hatte.
Mit gefüllten Mägen und geladenem Akku ging es wieder zurück zum Mietwagen und eine entspannte knapp zwei Stunden lange Fahrt durch die Dunkelheit zum Münchener Flughafen und von da mit S-Bahn und Bus ins Hotel, wo wir gegen 23:30 Uhr nach über 18.000 Schritten mehr als nur kaputt, aber glücklich ankamen und uns direkt ins Bett begaben, denn am nächsten Morgen war unser Ziel das absolute Gegenteil der alpin’schen Bergidylle…
Der dritte Teil: Las Vegas
Wie bereits am Anfang erwähnt, war das zweite Langstreckenziel dieser Kette der Bundesstaat Nevada und das dort im Nichts liegende Glücksspielresort Las Vegas. Dafür trafen wir uns wieder am frühen Vormittag in der Lobby des Hotels, fuhren dieses Mal ohne Doppeldeckerbus die stolzen acht Minuten zum Flughafen und passierten alle Kontrollen zum Erreichen unseres Flugzeugs. Und es war so toll, wieder mal ab München abzufliegen, denn alles funktionierte: Das Catering war da, richtig und geordnet, die Passagiere kamen pünktlich, der Rollweg war kurz, kurz um alles, was der Frankfurter Flughafen nicht in einer Regelmäßígkeit auf die Kette bekommt, die man eigentlich erwarten müsste. Auch an jenem Morgen durfte ich die ein oder andere Gänsehaut beim Passieren der mir aus 2018 bis 2020 bekannten Crewwege spüren, während in der Reiseflughöhe von zu dem Zeitpunkt 36.000 Fuß die Routine wieder anklopfte und wir uns auf unseren – wenn auch nur kurzen Aufenthalt – freuten.
Nachdem der Flug aus meiner Perspektive weitestgehend entspannt vonstatten ging (ich gebe aber zu, dass ich diese Zeilen Anfang Juli schreibe und mich demnach nicht mehr an viel erinnern kann; ich weiß aber ganz sicher, dass ich nicht mehr angekotzt wurde) und wir wieder in einer Hotellobby saßen – nur dieses Mal 9255 km weiter westlich -, um den für manch andere etwas stressigeren Flug zu besprechen, war es 18 Uhr Ortszeit (3 Uhr morgens deutscher Zeit am Folgetag) und wir beschlossen, uns eine halbe Stunde später wieder in der Lobby zu treffen, um uns auf den Weg zum Las Vegas Strip zu machen. Ich brauche normalerweise nicht so viel Zeit, aber diese dreißig Minuten waren echt stressig und bei all der Ordnung, die ich sonst in meinem Zimmer pflege, sah es in der Suite, die mindestens genauso groß war wie meine 45 Quadratmeter-Wohnung, aus, als hätte dort eine Bombe eingeschlagen. Nichtsdestotrotz stiefelten wir kurz nach halb sieben los und waren rund 20 Minuten Flamingo Rd später am Las Vegas Boulevard angekommen – und ich war fix und fertig, aber aus dem Strahlen nicht mehr rauszubekommen.
In einer großen Gruppe (die zum Teil zu Fuß, zum Teil mit Uber den Weg auf sich genommen hatte, wobei letztere erst später da waren, da sie sich zunächst organisieren mussten, wer denn ein Taxi bucht) spazierten wir durch das Bellagio und Caesar’s Palace, ehe wir nach der Fontänenshow in kleineren Gruppen den Strip erkundeten. Grundsätzlich hatte ich mit absolut keiner Person in der Crew ein Problem, allerdings war es im weiteren Verlauf des Abends schon zu dritt stressig genug, sich auf dem vollen Boulevard nicht aus den Augen zu verlieren. Zu neunt mag ich darüber gar nicht erst weiter ausführend werden. Also ging manch einer auf die Suche nach Nahrung und manch einer auf die Suche nach einem ganz besonderen Spielautomaten, dessen Promi-Gesicht am Automaten der Person besonders viel Glück bringen sollte – hoffentlich …Baby One More Time, nachdem er ihr schon vor Jahren ein treuer Begleiter bei ihren Besuchen in der Wüstenstadt war.
Meine Wenigkeit wiederum hat sich zusammen mit zwei anderen Personen auf den Weg entlang des Strips gen Süden gemacht und ein wenig Sightseeing-Guide gespielt. Vorbei am Cosmopolitan, MGM, New York-New York, Excalibur bis zum Tropicana, welches „damals“ der Abholpunkt des Hotel-Shuttles war, als unser Crewhotel noch am Lake Las Vegas gelegen war. Nur noch zu zweit machten wir uns anschließend auf den Weg zu Papillon Helicopters im Nordwesten des Flughafens von Las Vegas, denn ich hatte vorher in den 30 Minuten Umziehzeit auf dem Zimmer noch einen Anruf getätigt und zwei Plätze in einem Helikopter reserviert: Mit der selben Airline hatte ich bei einem meiner Aufenthalte 2018 bereits eine Helikopter-Tour an und in den Grand Canyon gemacht, die gleichzeitig meinen ersten und bis dato auch einzigen Helikopter-Flug darstellte. Also war es naheliegend, das Spektakel zu wiederholen, wenn auch deutlich kürzer.
Wir bekamen für 22 Uhr (7 Uhr morgens deutscher Zeit) zwei Plätze und durften uns auf der rechten Seite des Helis, eines Airbus Helicopters H130, Platz nehmen. Es gab eine kurze Einweisung in das Emergency Equipment, ein striktes Fotoverbot auf dem Weg zwischen Bus am Gebäude und Helikopter (damit man die selbst mit Pilot geschossenen Fotos besser verkaufen konnte) und es konnte hinauf gehen in den Nachthimmel von Las Vegas. Nachdem wir wie schon damals entlang einer Startbahn den Boden verlassen haben und nicht vertikal nach oben geflogen sind, ging es entlang des Las Vegas Boulevards zu unserer linken einmal den ganzen Strip entlang in Richtung Norden bis zum Stratosphere Tower, wo wir eine 180 Grad-Kehre nach links machten und wieder zurück zum Flughafen flogen, wo wir nach einer Flugzeit von zehn Minuten sicher landeten. Die Kollegin, die mit mir dabei war und für die das der erste Helikopter-Flug war, war davon total begeistert. Ich währenddessen war vom Fliegen an sich auch mehr als begeistert, fand es aber ein bisschen schade, dass man sowohl den Hin- wie auch den Rückweg so fliegt, dass der Strip aus Helikopter-Sicht immer zur linken ist. Sitzt man auf der rechten Seite, sieht man zwar immer noch etwas von allem, hat aber natürlich die anderen Gäste „vor sich“. Zudem hat man wirklich gemerkt, dass man innerhalb von 15-20 Minuten „abgefrühstückt“ wurde, da nachdem wir das kleine Flughafen-Gebäude betreten haben, sich die nächste Gruppe zum Heli auf machte. Für einen Vollzahler-Preis von rund $100 find ich das daher ein wenig na ja, vor allem wo ich damals von der dreistündigen Canyon-Tour mit Sekt-Frühstück mitten im Canyon mehr als begeistert war. Dort hatte die Pilotin damals aber natürlich auch viel mehr Zeit, mit den Gästen ins Gespräch zu kommen, was während 15 Minuten eher schwierig ist.
Zurück auf dem Boden der Tatsachen bewegten wir uns rechtsseitig vom Strip durchs MGM, Planet Hollywood und Paris zurück zum Caesar’s Palace, wo ich der Kollegin eigentlich noch die tolle Shopping-Straße zeigen wollte, die mich 2018 unfassbar begeistert hatte, da sie aussieht wie eine antike römische Straße zum Sonnenaufgang. Sofern man die Aufschriften von Louis Vuitton, Gucci, Versace und Co. ausblenden kann, versteht sich. Dort wollten wir eigentlich auch in der Cheesecake Factory was essen gehen, allerdings gibt es tatsächlich Sachen am Strip, die nicht 24 Stunden auf haben. Und die Forum Shops at Caesars gehören leider dazu, sodass wir weder in die Passage noch zur Cheesecake Factory kamen, sondern uns mit einem fettigen und halbwegs sättigenden Burger bei Bobby’s Burgers bis zum Frühstück retteten.
Anschließend wollten wir noch die Kollegin am Britney Spears-Automaten im Bellagio besuchen kommen, aber so sehr man in den Casinos von Las Vegas grundsätzlich jegliches Raum- und Zeitgefühl vergisst, so sehr erinnert der eigene Körper einen um 10 Uhr morgens deutscher Zeit (1 Uhr nachts lokal) daran. Und da wir sie nicht fanden, sie uns aber auch nicht antwortete, beschlossen wir den Weg zurück zum Hotel zu bestreiten. Ich wäre die 20 Minuten wieder zu Fuß zurückgegangen, konnten den Einwand der Kollegin neben mir aber verstehen, das um diese Zeit nach mittlerweile über 27.000 Schritten nicht zu tun, also buchte sie ein Uber für den Rückweg. In der Theorie hätten wir den Fahrer am Pickup-Point am Caesar’s Palace zügig gefunden, wären fünf Minuten gefahren, in unserer Hotellobby angekommen und todmüde ins Bett gefallen.
Die Theorie stimmte mit der Praxis aber nicht wirklich überein: Wir haben – in Anbetracht der riesigen Fläche des Caesar’s Palace und der schlechten Beschilderung für unsere müden Augen – relativ zügig den Fahrer gefunden, sind tatsächlich rund zehn Minuten gefahren – weil der Las Vegas Boulevard auch um ein Uhr nachts noch voll ist wie der Kölner Autobahnring montags um 17:30 Uhr – und in einer Hotellobby angekommen, die wir zunächst auch für unsere hielten. Erste Skepsis gab es hierbei zwar schon vor Betreten des Hotels, denn ich hatte mich gewundert, warum der Fahrer vom Caesar’s Palace aus in Richtung Norden fuhr, um am The Venetian rechts abzubiegen, statt wieder über die Flamingo Road zurückzufahren. Außerdem war die Kollegin verwundert, als ich wenige Meter vor Ankunft im Hotel einen McDonald’s um die Ecke ansprach, der bei Ankunft des Crewbusses ein paar Stunden zuvor niemandem aufgefallen ist.
Aber wir sprachen beide unsere Bedenken nicht aus und stellten erst beim Fehlen des Aufzuges an der zu erwartenden Stelle und Mustern des deutlich kleineren Innenhofes fest, dass wir nicht im Embassy Suites by Hilton Las Vegas waren, sondern im Embassy Suites by Hilton Convention Center Las Vegas – ein kleiner, aber doch feiner Unterschied, bei dessen Erkenntnis wir erst einmal lachen mussten. Wir hatten es nämlich tatsächlich komplett nüchtern geschafft, im falschen Hotel in der Lobby zu stehen. Die beiden Hotels waren nicht einmal zwei Kilometer auseinander und so buchten wir ein neues Uber, amüsierten die etwas ältere Empfangsdame noch mit unserem Fauxpas und landeten um 1:30 Uhr nachts dann tatsächlich fix und fertig im Bett. In Deutschland war es bereits 10:30 Uhr und ich war damit abseits von anderthalb Stunden Schlaf im Crewrest während des Fluges sicherlich sehr gesunde 27 Stunden wach, nachdem ja auch der Tag davor sehr lang und mit vielen Eindrücken versehen war. Insbesondere, als wir über den Strip gelaufen sind, war es so absurd, dass wir vor nicht einmal 36 Stunden die ruhige Idylle des Eibsees genossen.
Viel Zeit zum Ausruhen blieb aber nicht, denn am nächsten Morgen gab es typisch amerikanisches fettiges Frühstück mit Plastikbesteck und einem an sich leckeren Omelette, dessen Pepperonis aber etwas zu scharf waren und bereits am Mittag (also abends deutscher Zeit) endete der nicht einmal 20-stündige Aufenthalt und es ging zurück nach München, wo ich um 11:30 Uhr den Weiterflug nach Düsseldorf erreichen wollte. Der Flug zurück in die dem Körper nach diesen acht Tagen nur noch aus vagen Erinnerungen bekannten Zeitzonen war ziemlich entspannt, allerdings nicht pünktlich. Ich hatte jedoch Glück, denn bei dem Zwischenstopp zwischen Mexiko und Amerika wurde ein Kapitän gewechselt und der neu hinzugekommene war mir aus alten Zeiten gut vertraut, kannte sich in München am Flughafen aus und hatte ebenfalls einen Anschlussflug. Gleichzeitig hatte ich aber auch Unglück, denn das Abfluggate meines Fliegers war G81 und damit am südlichsten Ende von Terminal 2. Egal wie ich mit den letzten Kräften rannte und sogar zweimal ausgerufen wurde – als ich am Gate ankam, war jenes bereits zu und der Bombardier CRJ900 bereits in seinen Vorbereitungen zum Triebwerksstart.
Da der nächste Flug erst zwei Stunden später um 13:30 Uhr ging, ruhte ich mich in dem etwas abgeschiedenen Bereich der Gates G81-G84 etwas aus, wartete, bis ich nicht mehr komplett am Ölen war, ehe ich mich wieder eine Ebene hoch zu G28 machte, wo ich die halbe Crew traf, die auf ihre Flüge nach Frankfurt und Düsseldorf warteten. Als dann irgendwann der Boarding-Aufruf kam und wir uns zu dritt in Nähe unseres Gates ins Rheinland begaben, entdeckte ich einen etwas auffallend gekleideten Herren, ebenfalls mit der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens als Ziel und sprach die Kollegin neben mir darauf an. Wir beide kamen zu dem Schluss, dass das der aus der Formel 1-Welt bekannte Boxengassen-Reporter Kai Ebel sein muss, doch zum einen war ich in Uniform und zum anderen mehr als fix und fertig nach der Nacht, sodass ich mich nicht traute, ihn wegen einem Foto anzusprechen.
Meine Mitreisende war an dieser Stelle aber ungehaltener, ging auf ihn zu, wechselte ein paar Worte mit ihm und wenige Augenblicke kam Kai dann zusammen mit meiner Kollegin auf mich zu und meinte dann total niedlich, dass er gerne ein Foto mit mir hätte, aber etwas schüchtern wäre. Also verewigten wir uns auf ein zwei Schnappschüssen und das Boarding begann. Da ich einen Plätze ganz weit hinten hatte, betrat ich als einer der letzten den Flieger, bekam von Kai, der weiter vorne saß, noch einen guten Flug gewünscht und genoss die knappe Stunde Flug mit den Kollegen der Lufthansa, ehe ich in Düsseldorf mehr als fix und fertig zum Ostersonntagsessen abgeholt wurde.