Welcome To New York – Tag 5: Fotografie

Nachdem ich den Freitag zum größten Teil zum Ausruhen genutzt hatte und hier so langsam die Blogeintragslücke anfing, weil ich zwar Zeit hatte, aber keine Motivation, den Central Park im Blog zu verarbeiten, nutzte ich die Stunden im gemütlichen Bett lieber dafür, um die Känguru-Chroniken weiterzuhören. Erst am Samstag ging es wieder in Aktion – zugegebenermaßen erst am Nachmittag: Denn Bart hatte für dieses Wochenende ein Foto-Shooting mit einem estnischen Kirchenchor, der zu einem besonderen Anlass (den ich nicht mehr weiß) extra nach New York eingeladen wurde. Es gab insgesamt zwei Shootings, eines am Samstag, welches an einem Treppengeländer stattfand sowie ein zweites am Sonntag, bei dem die Sänger zum einen bei den Proben, aber auch in einem Gruppenfoto verewigt werden sollten. Als wir uns am Dienstag getroffen hatten, hatte Bart von dem ganzen erzählt und gleichzeitig auch um meine Mithilfe gebeten und da ich an diesem Tag nichts anderes vorhatte und auch keine akute Lust auf Sightseeing da war – ich hatte ja noch die halbe kommende Woche – entschloss ich mich mit einem Warum auch nicht zuzusagen und erschien gegen kurz vor 16 Uhr vor seinem Fotostudio in der 22nd Street.

Zur Kirche

Wir packten nach einer kurzen Begrüßung auf zwei Wagen rund ein Dutzend Kisten, Kartons und Koffer und transportierten sie in sein Auto, welches vor dem Gebäude geparkt war. Faszinierenderweise passte auch alles hinein, selbst wenn ich bis zum Ende so meine Zweifel daran hatte. Von dort ging es dann zur Kirche, in der der Chor am Wochenende auftrat und in der auch das Shooting gemacht werden sollte. Die Kirche, die Church of St. Francis Xaver befand sich in der 16th Street, ein Weg, bei dem ich normalerweise ein schlechtes Gewissen hätte, ihn mit dem Auto zurückzulegen (die Straßen in Manhattan sind ja bekanntlich durchnummeriert, also die 17th St ist nördlich von der 16th St und die 18th St wiederum ist nördlich von der 17th St und so weiter). In Manhattan empfand ich die Aufwendung eines Autos für die Strecke dann noch viel unnötiger, denn kaum ausgeparkt aus der Parklücke standen wir im Stau. Zusammenfassend lässt sich trotz des typischen New Yorker Fahrstils von Bart, den man ihm deutlich anmerkte, sagen, dass wir ohne Koffer und Gepäck zu Fuß definitiv schneller gewesen wären…

Der Reiz loszufahren und sich in den amerikanischen Verkehr zu stürzen war schon da... :D
Der Chor bei der Probe

Wie dem auch sei, kamen wir irgendwann an der Kirche an und während er die Sachen aus dem Auto auslud und in die Kirche brachte, durfte/musste ich am Steuer Platz nehmen: Denn aufgrund des fehlenden Parkplatzes hatten wir vor einem Hydranten geparkt, was generell zwar nicht erlaubt ist, aber laut ihm für den Moment zumindest okay ist, solange sich auf dem Fahrersitz jemand befindet, der im Falle eines Feuers den Zugang zum Hydranten freimacht. Nachdem mich Bart also zuerst gefragt hatte, ob ich denn in der Lage wäre, ein Auto mit manueller Schaltung zu fahren (ich gebe zu, das war weniger das, was mich hier beunruhigte), erklärte er mir kurz was ich tun müsste, wenn es denn zum Brand kommen sollte: Nämlich die 16th St einmal bis zur 5th Ave fahren, nach rechts abbiegen, dann nach rechts abbiegen in die 15th St, diese bis zur 6th Ave fahren, wieder zweimal rechts abbiegen, womit ich einmal um den Block gefahren und an genau der gleichen Stelle angekommen wäre, wo ich losgefahren wäre. Die kurze Erklärung endete mit der lustig gemeinten Aussage, dass mir das bei dem Verkehr in Manhattan rund eine Stunde in Anspruch nehmen würde und die Feuerwehr den potentiellen Brand bis dahin schon gelöscht hätte.

Also machte sich Bart ans Auspacken, ich nahm vor dem Lenkrad Platz und genoss zum einen die Tatsache, in Amerika vor dem Lenkrad eines Autos zu sitzen, was gleichzeitig aber auch ein gewisses Highway-Roadtrip-Fernweh-Gefühl auslöste. Zum anderen beobachtete ich sehr genau die Umgebung, denn was mich neben dem Verkehr und Fahrstil in Manhattan (zu dem meiner definitiv nicht passt) mehr noch geschockt hätte, wäre der Schock selbst, wenn plötzlich ein Feuerwehrauto aufgetaucht wäre. Glücklicherweise (glaube ich) passierte nichts und irgendwann tauschten wir, sodass ich die Sachen in der Kirche bewachte und Bart das Auto in einer der wenigen Tiefgaragen (auf der 15th St by the way) abstellte, ehe er nach wenigen Minuten wiederkam und wir die ganzen Sachen eine Wendeltreppe hoch in den oberen Bereich der Kirche trugen – diese Wendeltreppe war es, auf der später ein Foto aufgenommen werden sollte.

Die Treppe

Anschließend begannen die Vorbereitungen: Die Kisten, Taschen und das ganze Equipment musste irgendwie zugänglich verteilt und die ersten Aufbauten vorgenommen werden, wozu die „wahllose“ Platzierung von Sitzmöbilar für das Gruppenfoto am Tag darauf gehörte, außerdem durfte ich an einigen Stellen in diesem Bereich Model stehen, um die Licht-, Schärfe- und Kameraverhältnisse zu prüfen. Darüber hinaus war es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Batterien für die Beleuchtung aufgeladen wurden und aufgeladen waren, wofür ein Markierungssystem auf Panzertape zum Einsatz kam. Die Batterien für die Strahler, anders kann man die Lichter nicht nennen, brachten ein ordentliches Gewicht auf die Waage, hatten aber eine Akkulaufzeit, die ich in Relation zur Größe und zum Gewicht schon irgendwie traurig fand, denn nach den Vorbereitungen und vor dem Erscheinen des Chors zu den ersten Fotos mussten die Batterien bereits getauscht werden – zwischen beidem vergingen höchstens 45 Minuten.

Die Treppe von oben samt Stativ und Kamera
Set für das Gruppenfoto
Fotoergebnisse am PC

Irgendwann kam ein zweiter Fotograf dazu, der Bart helfen sollte und zum einen mit mir die Treppe entsprechend beleuchtete und parallel einige Probefotos an jener machte, bevor es dann losgehen konnte: Der Chor bestehend aus 15 Leuten reihte sich am Treppengeländer auf und die Fotografen machten von oben über ein vorbereitetes Stativ einige Fotos. Anschließend sollten sich die Sänger bewegen, sodass Motion-Bilder zu Stande kamen, bei denen die Personen selbst aufgrund der langen Belichtungszeit in Bewegung erschienen, bis sich alle in den oberen Reihen der Kirche begeben hatten und ihnen kurz der Plan für den kommenden Tag erklärt wurde.

Zum Burger über die Brooklyn Bridge

Anschließend war es 20 Uhr und alle hatten Feierabend, was wir nutzten, um aus Manhattan heraus nach Brooklyn zu fahren; dort wollten sich die beiden Fotografen frisch machen, ehe wir etwas essen gingen. Quer durch das anhaltende Verkehrschaos ging es auf und über die Brooklyn Bridge, kurz vor der Auffahrt trafen wir noch einen Feuerwehrwagen, welcher unter Einsatzlicht in die Chambers St in Richtung Norden einbog. Bart selbst fand den Wagen zwar merkwürdig, lies dies aber auf sich beruhen und wir suchten uns den Weg über die Brücke, deren Überquerung mit dem Auto bei Dunkelheit wirklich nicht spannend war. Anschließend kamen wir bei seiner Unterkunft an und während er kurz verschwand, fragte ich den zweiten Fotografen, ob er mir denn einen Hotspot zur Verfügung stellen konnte, damit ich kurz mal in WhatsApp, Twitter und Co reinschauen konnte, ehe wir uns ein wenig über das Reisen unterhielten.

Nicht lange, denn irgendwann kam Bart wieder und er hatte nicht nur seine Sachen in der Unterkunft gelassen, sondern durch Zufall auch den Grund für den Feuerwehrwagen erfahren: In der 23th St, also nur neun Straßen weiter (laut Google Maps rund 750m), war um 20:31, also nur eine halbe Stunde, nachdem wir die Kirche verlassen hatten, eine Bombe detoniert und weil das letztendlich nur eine Straße von dem Fotostudio entfernt war, mussten die beiden erst einmal einige Telefonate durchführen.
Etwas geschockt machten wir uns auf dem Weg zum Restaurant. Da mein Straßen- und Entfernungsverständnis in Manhattan noch nicht existierte und auch wenn ich solche Anschläge immer in gewisser Weise schockierend finde, sage ich nicht, dass sie mich kalt lassen, aber dass mir die Nähe dazu fehlt, als dass sie mich zu sehr mitnehmen würden; gleiches war auch schon bei Brüssel und dem ungeklärten Vorfall in Hannover der Fall, der „Teile der Bevölkerung verunsichern würde“. Erst jetzt beim Schreiben dieses Eintrags, als ich mal nachgeschaut wie weit ich eigentlich vom Unglücksort entfernt war, kam mir so ein wenig Gänsehaut auf. An dem Abend selbst versuchte ich aus diesem Gründen möglichst einen Themenwechsel herzuleiten, was ich hier im Blog jetzt einfach mit dem Essen mache.

Denn wir hatten uns mittlerweile bei einem Lokal namens Bareburger eingefunden und nach längerer Überlegung etwas zu Essen bestellt. Neben den Burgern gab es auf der Karte des Restaurants auch Kalorienangaben, was ich außerhalb New Yorks noch nie gesehen hatte. Da ich auf sowas aber in der Regel nicht achte – und wenn meine einzige Mahlzeit des Tages bisher gegen 12 Uhr ein knapp bemessenes Frühstück war schon gar nicht – bestellte ich einen Hog Wild: Wildschweinfleisch mit Piemont-Käse, Spiegelei, Zwiebeln und Tomaten verpackt in ein Brötchen und dazu Süßkartoffelpommes. Das klingt nicht nur genial, das ist es auch und zwar so, dass ich es gerade sehr sehr gerne wieder essen würde 😀

Burger mit Süßkartoffelpommes

Während ich meinen Hunger stillte, waren die beiden Fotografen mit den Ergebnissen des Tages vertieft, quasi eine Art Nachbesprechung und Vorbesprechung auf den Sonntag. Ich konnte da zwar nicht wirklich mitreden, hörte aber auch nur mit einem Ohr zu, weil … na ja, weil Essen.

Das Taxi

Gegen kurz vor elf machten wir uns dann auf den Heimweg. Während Bart nur fünf Minuten Gehweg entfernt wohnte, war es bei uns ein wenig mehr, sodass er uns in das nächste Taxi steckte. Der Fahrer von jenem war auf höchstem Maße unfähig, insbesondere wenn man sich als Tourist in New York aufhält, denn er hatte keinen Plan von der Stadt oder auch einfach kein Interesse darüber nachdenken zu müssen (bin mir da noch nicht ganz sicher). Letztendlich mussten wir (der zweite Fotograf stieg zuerst aus und wünschte mir „Viel Glück.“) dem Fahrer sagen, wie er fahren soll, also wo abbiegen, etc. Das hat dank Microsoft Karten und Offline-Maps zwar reibungslos funktioniert, es ist aber trotzdem nicht das, was ich mir unter einem Taxi vorstelle. Am Ende bekam er statt den $12,80 dann auch noch $20, weil ich es nicht passender hatte und er behauptete kein Wechselgeld zu haben, worüber ich mich jetzt keine Lust hatte zu streiten, denn ich war müde, sodass ich zu Hause im Bett angekommen auch wieder relativ schnell einschlief…

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