Mein Weg zum Flugbegleiter: Die Schulung

Bevor es losging: Auf Dokumentenjagd

Nun hatte ich also eine Zusage nach einem Assessment-Center erhalten und stand nach dem Abschluss meines Studiums vor einem kleinen Haufen an Organisation, denn es musste einiges an Bürokratie erledigt werden, ehe es im November wirklich in die Schulungsräume ging. Zum einen brauchte ich drei polizeiliche Führungszeugnisse – drei, denn eine aus jedem Land, indem ich in den letzten zehn Jahren gewohnt hatte. In meinem Fall waren das neben Deutschland noch Österreich und Großbritannien. Um ersteres kümmerte sich der Arbeitgeber, letzteres war nach einem rund 50 Euro-Online-Antrag erledigt, nur Österreich erforderte das Aufsuchen des Konsulats in Stuttgart.

Die Führungszeugnisse weitergeleitet, musste auch das ärztliche OK vorhanden sein, hierfür ging es nach Köln zum Medical. Der Arzt prüfte rudimentär, dass meine Sinne und Reflexe funktionieren und ich Farben unterscheiden kann. Zudem wurde ein Bluttest gemacht und eine Stunde später hatte ich die ärztliche Bestätigung in der Hand – zwei Wochen später auch eine, die richtig ausgefüllt war 😀 (der Arzt hatte sich bei zwei Feldern vertan und ich nicht wirklich drauf geachtet).

Sicherheit, Sicherheit, Sicherheit

Nachdem auch der Arbeitsvertrag abgeschickt war, konnte es im November dann losgehen. Insgesamt hatte die Schulung eine Dauer von etwas mehr als fünf Wochen, in denen 20 sich teils wildfremde Gestalten aus wirklich allen beruflichen Richtungen wiederfanden und im Schnelldurchlauf mit den wichtigsten Themen konfrontiert wurden. Da Flugbegleiter primär für die Sicherheit an Bord verantwortlich sind (und nicht für den Kaffee ^^), lag der Hauptfokus natürlich auf diesen Themen. So lernten wir in der Hälfte der Zeit, wie die Evakuierung eines Flugzeugs von Statten geht und welche Rollen wir dabei einnehmen. Das fing dabei an, wer wann wie eine Evakuierung einleitet, mit welchen Griffen die Türen aufgemacht werden und welche Kommandos den Passagieren zugeschrien werden sollen und endete damit, welches Equipment wir nach dem Verlassen aller Passagiere aus dem Flugzeug mitnehmen sollen.

Dabei wurde zunächst jeder mögliche Fall einzeln durchgegangen (u.a. „ohne Zeitdruck“, auf Land, auf Wasser, ohne Initialisierung aus dem Cockpit heraus), ehe die Fälle durch Ansage unseres Trainers vermischt wurden und man am Anfang der Übung nicht wusste, welcher Fall nun eintreten wird und ob sich die Tür an der eigenen Position beispielsweise aufgrund eines Feuers draußen nicht öffnen lässt. Trotzdem musste man in jeder Situation in Bruchteilen von Sekunden richtig reagieren (… und die Tür beim Feuer dann nicht öffnen).

Doch nicht nur auf das Feuer nach außen hin, sondern auch im Inneren des Flugzeugs wurde eingegangen: Wie wird das Feuer bekämpft, welcher Flugbegleiter übernimmt welche Rolle, welche Mittel sind an Bord und müssen wie eingesetzt werden. Und das alles so oft, dass man es blind mit einem Fingerschnippen abrufen kann, während man gedanklich gerade voll und ganz darauf konzentriert ist, jeden Passagier zu fragen, ob er/sie denn Hähnchen oder Nudeln möchte.

Dabei durften wir nicht nur einmal echtes Feuer löschen, zig-mal die Türen öffnen (die leichter aussehen als sie es sind) oder mit der richtigen Technik rutschen. Simuliert wurde mit besonderen, möglichst realitätsnahen Mitteln auch die Landung auf Wasser: So ging es einen Nachmittag ins Schwimmbad und jeder durfte einmal mit Kleidung und Schwimmweste schwimmen und abschleppen (keine Ahnung, wie ich das mit meiner sportlichen Ausdauer hinbekommen habe ^^), als Team sollten wir im Anschluss ein Dach für die Rutsche aufbauen und sichern – während es von oben plötzlich anfing zu regnen.

Sicherheit stand aber auch im weiteren Verlauf auf dem Programm: Wie geht man mit (sehr) schwierigen Passagieren um, mit Turbulenzen und weiteren Faktoren, um einen sicheren und ereignislosen Flug zu realisieren. All dies waren Themen, die neben den Standard-Prozeduren besprochen wurden. Bei diesen gingen wir mehrmals einen Flug von A bis Z durch und besprachen die Rollen jedes einzelnen Flugbegleiters zu jedem Zeitpunkt, wobei der Fokus hier zunächst weiter nur auf der Sicherheit lag und sich nicht mit dem Service befasste.

Medizin

Teil der Schulung stellte auch eine Auffrischung des Erste-Hilfe-Kurses aus der Fahrschule dar, jedoch war dieser hier deutlich umfangreicher und intensiver. Jeder durfte einmal wen in die stabile Seitenlage legen, Reanimationen durchführen, zudem wurde die medizinische Ausstattung des Flugzeugs besprochen und der Umgang mit „besonderen“ Fällen: Was ist, wenn kein Arzt an Bord ist oder wie ist mit Situationen wie Geburt oder Tod umzugehen.
Einer der Trainer „opferte“ sich zwischendurch dann als Schauspieler und stellte wahlweise einen (nicht) bewusstlosen Gast mit unterschiedlichen Beschwerden dar und jeder durfte in der Rolle des Flugbegleiters die richtigen Schritte veranlassen – auch hier ist wie beim Feuer genau geregelt, wer was wie tut, um die Situation zu entschärfen und Herr der Lage zu bleiben.

Anderes und Service

Deutlich kürzer angeschnitten wurden dabei Themen wie gefährliche Güter, Arbeitszeiten, Strahlung oder die Psyche des Menschen und was das für das Zusammenwürfeln von sich fremden Leuten bedeutet, die im Anschluss als Crew im Falle des Falles funktionieren und sich aufeinander verlassen müssen. Aber auch die Psyche aus Perspektive der Passagiere wurde thematisiert – mit Flugangst als oberstem Thema…

Irgendwann, am Anfang der letzten Woche ging es dann auch um den Service. Diese zeitliche Diskrepanz betone ich hier bewusst, weil viele immer noch das Bild im Kopf haben, die Flugbegleiter wären nur für Kaffee und Kuchen zuständig.
Beim Service ging es um die Standard-Abläufe, auch hier sind die Rollen jedes einzelnen im Team wieder klar verteilt: Wer verteilt das Essen, wer die Getränke, wer räumt bei den Passagieren wieder auf, wer geht mit dem Bordverkauf durch die Reihe und wer räumt die Küche(n) auf. Dieser Teil war aber sehr kompakt und in der Sache der Natur auch sehr trocken, man kann schließlich Essen an 310 Passagiere auf engem Raum nicht wirklich mit 20 Leuten simulieren…

Abgerundet wurde die Schulung mit einer Flugzeugbegehung, wo wir erstmals unseren zukünftigen Arbeitsplatz im Detail besichtigen durften, ehe es nach Bestehen der Abschlussprüfungen schon wenige Tage später in die Luft ging…

Erster Einblick in meinen damals künftigen Arbeitsplatz - einen A330-200

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