Unter den vielen Wahrzeichen von New York, die die Stadt zu bieten hat und die man von weitem her kennt, hatte ich bis zum Dienstag der zweiten Woche einiges gesehen, erlebt und teilweise auch erklommen. Doch das Willkommenswahrzeichen schlechthin fehlte und dahin ging es am achten Tag – die Freiheitsstatue. Oder wie ich sie im Titel genannt habe, das Freiheitsstatüchen, doch dazu später mehr. Zunächst musste ich trotz der Ankunft in meiner Unterkunft nach der Midtown Manhattan Night Tour gegen kurz nach 23 Uhr am Dienstag Morgen schon um kurz nach 6 aufstehen, damit ich es um 8:30 am Fähranleger zum Treffpunkt schaffen und vorher noch in Ruhe frühstücken konnte – ohne dies ist ein Morgen kein Morgen für mich.
Ich hatte mich im Internet vorher etwas umfangreicher schlau gemacht, welche Arten es gäbe, die Freiheitsstatue zu erkunden, von einer kostenlosen Fähre bishin zu kostenpflichtigen Fährfahrten war alles dabei. Da ich mit den kostenlosen Touren bisher sehr zufrieden war, entschied ich mich auch hier zur Buchung dieser (die es offenbar gar nicht mehr gibt) und so trafen wir uns nach besagtem Frühstück und Subway-Fahrt mit Umsteigen an der Jay St in die R-Linie, die direkt an den Zipfel der Insel fuhr, kurz vor halb neun morgens am Fähranleger im Süden Manhattans. Man hat mir den fehlenden Schlaf mit Sicherheit angesehen und auch die Stadt wirkte noch ziemlich verschlafen: Der ganze Weg vom Ausgang der Station, die an sich enger und mit schmaleren Bahnsteigen versehen war als die A-/C-Linien, wirkte tot und leer, es waren nur sehr selten Menschen anzutreffen, was ich in New York doch etwas ungewohnt fand. Lediglich beim Castle Clinton National Monument, dem Treffpunkt der Tour, waren einige Menschen anzutreffen. Castle Clinton diente laut Wikipedia nach seiner Festungszeit anschließend im 19. Jahrhundert als Einwanderungspunkt, ehe sie nach und nach zu dem heutigen Museum umfunktioniert wurde (ich bin ehrlich, Alicia, die uns an dem Tag geführt und die Tour geleitet hat, hat hier einige Fakten erzählt, bevor wir uns zur Fähre aufgemacht haben, doch wirklich viel davon ist nach über einem Jahr nicht mehr im Kopf). Im Nachhinein betrachtet ergibt es aber durchaus Sinn, warum wir uns hier getroffen haben… 😀
Ellis Island
Nun ging es also zur Freiheitsstatue – also nicht direkt. Erst mussten wir auf die Fähre kommen, was durch eine Sicherheitskontrolle ähnlich wie am Flughafen geschah. Die Fährenüberfahrt selbst kostete zusammen mit dem Eintritt in das spätere Museum $18 und ging hier noch sehr zivilisiert vonstatten. Die Fähre war nicht wirklich voll und nach dem Ablegen hatten wir einen wunderschönen Blick auf das noch unter einer Wolkendecke liegend schlafende Manhattan.
Nach rund 25 Minuten hielt die Fähre an Liberty Island, doch wir blieben auf der Fähre und machten uns damit erst auf den Weg zur zweiten Insel – Ellis Island, die wir nach insgesamt 40 Minuten Fährfahrt und zweimaligem Umschiffen der Freiheitsstatue erreichten (auf die Statue und, warum ich sie im Titel genannt habe, gehe ich gebündelt später ein – hach, ich liebe Kliffhänger xD ). Denn während auf Liberty Island eigentlich nur die Statue stand, war Ellis Island der eigentliche Punkt, an dem die Immigranten ab 1900 zum ersten Mal amerikanischen Boden betraten – bis dahin fungierte dafür ja Castle Clinton, wie oben gelernt. Das Empfangsgebäude des heutigen Museums war außen in einem sehr prachtvollen und gut erhaltenen Zustand wie ich finde, der sich dann auch in den Innenräumen wiederfand. Nach einem kleinen Eingangsbereich bestehend aus Museumsshop und -Restaurant sowie den ersten Ausstellungsstücken befand man sich in der (leeren) Halle, in der damals die Immigranten darauf warteten, ärztlich untersucht zu werden und falls sie dies bestanden, dann mit den amerikanischen Gegebenheiten vertraut gemacht wurden, soweit dies möglich war. Der Bereich auf der Insel war aufgrund der Tatsache, dass die Einwanderer aus verschiedenen Ländern Europas kamen und nur in seltenen Fällen Englisch sprechen konnten, multilingual, was man zum Beispiel bei Fotos der Supermarkt-Preistafel sehen konnte, die in vier Sprachen gelistet wurden – darunter Deutsch, Polnisch und Italienisch. Im Museum wurden zudem Geldscheine aus diversen Ländern ausgestellt, die es bis hierhin geschafft hatten, so ein 50.000 Złoty- oder auch ein eine Million Mark-Schein.
Die ärztliche Untersuchung befasste sich nicht nur mit Krankheiten, sondern auch mit allgemeinem Menschenverständnis. So schufen die „Prüfer“ einige Tests, die potentielle Einwanderer bestehen mussten. Dabei war ein Test, bei dem man unter verschiedenen Gesichtern (einer aus der Gruppe merkte an, dass hier die heutigen Emojis urerfunden wurden) die glücklicken erkennen oder gleiche Muster bei Rechtecken zuordnen musste. Neben Elementen wie möglichst im Originalzustand gelassenen Schlafplätzen und Waschräumen wurden in dem Museum auf der Insel noch weitere dazugehörige Stücke ausgestellt: Da zu den Einwanderern im Jahr 1912 auch die Überlebenden des Untergangs der Titanic gehörten, gab es unter anderem die Speisekarte des Untergangstages aus der ersten Klasse zu bewundern, die aus zehn Gängen bestand.
Liberty Island
Kurz nach 11 Uhr verließen wir die Einwanderungsinsel wieder und machten uns mit der Fähre auf den Weg zur Statue. Im Gegensatz zur ersten Überfahrt waren die Menschenmassen deutlich angestiegen und ich verstand, warum es Sinn machte, schon um 8:30 mit der Tour anzufangen, so hatten wir Ellis Island nämlich fast für uns allein. In der Zeit auf der ersten Insel war der Himmel aber zusammen mit den Touris aufgewacht, sodass sich dieses Mal ein viel klarerer und freundlichererer Ausblick auf die Skyline der Stadt und die Freiheitsstatue bot.
Auf Liberty Island gab es eine frei begehbare Fläche der Insel und die eigentliche Statue, die über Sicherheitskontrollen und ein erforderliches Ticket vom Rest getrennt war. Im unteren Teil gab es eine Ausstellung, die insbesondere die Entstehung der Freiheitsstatue dokumentierte. So konnten wir von den Ausstellungsstücken und von Alicia lernen, dass die Statue als Geschenk von den Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts in die USA kam und aus einer nur mehrere Millimeter dicken Kupfer-Schicht bestand. Damit die Figur aber trotzdem stabil in der Bucht von New York stehen kann, befindet sich im Inneren ein von Gustave Eiffel konstruiertes Stahlgerüst, welches dem des Eiffelturms relativ ähnlich ist.
Interessant war außerdem, dass die Statue eigentlich Kupferfarben hatte und erst im Laufe der Zeit ihren grünen Farbton durch die Umwelt und Natur bekam, der ursprünglich gar nicht geplant war. Auch ist mir noch hängengeblieben, dass die aktuelle Fackel an der Spitze der Figur gar nicht die ist, die bei Eröffnung der Statue dazugehörte.
Nach dem knapp halbstündigen Weg durch die Ausstellung landeten wir am Fuß von Lady Liberty – na ja fast. Von der höchsten Rundum-Plattform des Sockels hatte man eine Perspektive, als würde man der Figur zu Füßen liegen, aber selbst von diesem Punkt aus sah die Freiheitsstatue irgendwie süß aus, nach den Tagen in Manhattan jedoch nicht irgendwie majestätisch. Ehrlich gesagt hatte ich mir die Figur deutlich größer vorgestellt, dabei machte die halbe Größe der insgesamt 92 Meter der Sockel aus. Und den Gedanken „Oh ist die klein?!“ hatte ich nicht erst, als wir auf dem Sockel waren, sondern schon bei den Fährüberfahrten an der Statue vorbei. Doch trotzdem bekam ich direkt unter der Statue noch einmal zu spüren, dass ich jetzt wirklich in der niemals schlafenden Stadt bin – der Effekt war zwar nicht so groß, wie beim Ausblick auf die Skyline von Manhattan am ersten Tag, aber vorhanden.
Vom Sockel hatte man zudem eine wunderschöne Aussicht auf die gesamte Bucht von New York. So war im Hintergrund eine große Hängebrücke zu sehen und im Vordergrund eine Insel, die zumindest ein wenig an Alcatraz erinnerte. Beides insgesamt ließ mich für einen Moment ein wenig in San Francisco sein und nicht in New York.
Der Rest vom Tag
Ungefähr um 13:30 war die Besichtigung der Statue dann fertig und wir machten uns wieder zurück aufs Festland. Die Besucherströme waren mittlerweile gigantisch, was sich bei der Wartezeit auf die Fähre und der Menge an Passagieren auf der Fähre bemerkbar machte. Auch wenn ich so ein bisschen an der Stabilität des Schiffs bei den Mengen zweifelte, kamen wir heile auf der anderen Seite an, wo die Tour dann zu Ende war. Nicht nur die Tour war an dieser Stelle am Ende, sondern auch ich, denn der fehlende bzw. kurze Schlaf in der letzten Nacht holte mich wieder ein, daher beschloss ich an dem Tag erstmal nicht viel zu machen und machte mich mit den gleichen Subway-Linien wieder zurück zu meiner Unterkunft, wo ich mir etwas zu essen machte und mich ins Bett verkrümelte.
Am Abend wollte ich mich ursprünglich gegen 20 Uhr mit Bart in einem Café in Brooklyn treffen, weil dort dienstags ein Event stattfand. Aber auch wenn ich ein wenig dort auf ihn wartete, verpassten wir uns irgendwie und nach zwanzig Minuten hatte ich bei immer noch anhaltender Müdigkeit keine Lust zu warten, weshalb es dann wieder zurück ins Bett ging – nicht ohne Zwischenstop in einem Supermarkt auf dem Weg, wo ich leckere, aber unfassbar süße Oreo’s fand…