Welcome To New York – Tag 3: Fünf Städte in einer

Auch den dritten Tag in der nie schlafenden Stadt begann ich damit, zunächst den Blogeintrag über den Vortag zu schreiben, wobei ich heute schon um acht Uhr aufgewacht war und sich die Erschöpfung in Grenzen hielt. Einen wirklichen Jetlag, wie auch immer man das wahrnahm, konnte ich auf jeden Fall nicht wirklich spüren, lediglich mein Magen konnte sich an die verschobenen Tageszeiten schwer gewöhnen – ich aß aber auch vergleichsweise echt wenig hier.
Als ich dann gegen halb eins mit allem fertig war, bereitete ich mich vor um in die Stadt zu fahren. Dazu gehörte neben dem Badgetummel auch ein Frühstück, bzw. zu dieser Zeit eher wieder Brunch: Ganz böööse wie ich war, stibitzte ich mir für einen Doppeltoast etwas Erdnussbutter aus einem Erdnussbutter-Glas, welches in der Küche bei den Sachen der anderen stand. Ich hatte ein etwas schlechtes Gefühl dabei, denn ich bin ein ehrlicher Mensch, aber es war ja nur ein bisschen; und sich ein ganzes Glas zum Probieren zu kaufen definitiv zu viel. Bevor jetzt eine Verständnisfrage kommt: Ja, ich habe in der Tat vorher noch nie Erdnussbutter gegessen. Dies änderte ich aber just in diesem Moment, nachdem ich langsam verstanden hatte, wie man die Sprühbutterflasche korrekt verwendet und der Geschmack erinnerte mich sofort an etwas, ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt aber nicht erschließen, woran, egal wie sehr ich darüber grübelte. Ehrlich gesagt hatte ich gar nicht so viel Zeit zum Grübeln, denn durch die Länge des Blogeintrags hatte ich nur eine knappe Stunde Zeit bis zum Bekommen der Subway, sodass ich dieses Rätsel an dieser Stelle ungelöst lassen musste (mittlerweile weiß ich beim Schreiben dieses Eintrags am Abend, dass mich die Erdnussbutter 1:1 an Toffifee erinnert hat, aber in einem trockenerem Zustand). Irgendwann dann zusammengepackt ging es zur Subway.

South of Houston Street

Mein Ziel war die Kreuzung 6th St/Spring St, bei der die erste kleine Fußtour startete, an der ich teilnahm. In London hatte ich freetoursbyfoot.com entdeckt und das Konzept hatte mir so gefallen, dass ich das hier in New York in größerem Rahmen wahrnehmen wollte. Und da ich bekanntlich jemand bin, der die Hauptattraktionen erst gegen Ende abarbeitet (erst nach glaub 62 Tagen stand ich das erste Mal neben dem Big Ben), begann ich eine Nummer kleiner, nämlich mit der SoHo, Little Italy & Chinatown-Tour. Unser Guide hieß Dan und wir waren eine Gruppe von rund 20 Leuten quer aus der ganzen Welt, wobei mit Tschechien, der Schweiz und Frankreich auch noch ein paar andere Länder Europas vertreten waren, Spitzenreiter war aber Australien & Ozeanien. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es auch schon los und unser erster Zwischenstopp war die Bäckerei von Dominique Ansel in SoHo, bekannt für den berühmtberüchtigten Cronut, eine Kreuzung aus Croissant und Donut, deren Blühzeit 2014 war und wobei ich direkt an die TVtotal-Woche aus New York denken musste. Eine Schlange existierte heute aber nicht, woraus Dan schloss, dass der Cronut heute bereits ausverkauft sei, ich hatte daran so irgendwie meine Zweifel, aber keine Zeit dies genauer in Erfahrung zu bringen, da es schon direkt weiter ging.

Unser kurzer Streifzug durch SoHo, was übrigens für South of Houston Street steht, führte durch das reiche Promiviertel, welches zum Teil zu einem historischen Stadtteil gehörte, der besonders gegen Veränderungen und Umbauten geschützt ist. Diese Bezirke oder dazugehörige Straßenzüge sind daran zu erkennen, dass die Schilder mit den Straßennamen keinen grünen, sondern einen braunen Hintergrund haben. Die Bedeutung und Mietpreislage (über $2.000 pro „Quadrat-Fuß“) erklärte Dan mit dem Prozess der Gentrification; es grüße der Erdkunde-Unterricht. In diesem Stadtteil lief uns eine Person entgegen, bei der ich mich ziemlich darüber aufregte, How I Met Your Mother nie auf Englisch geschaut zu haben, denn die besagte Person hatte eine verblüffende Ähnlichkeit zu Cobie Smulders, die in der Serie Robin Scherbatzky spielte. Sie war gerade am Telefonieren und die Gruppe am Voranschreiten, weshalb ich sie nicht stören und fragen wollte. An der Stimme konnte ich es leider wie gesagt nicht erkennen, sie würde aber zur deutschen Synchronstimme passen (und auch zu der Stimme von ihr, die ich jetzt in einigen YouTube-Videos gehört habe).

SoHo
Die Heimat des Cronuts (R)
SoHo - zu sehen sind die typischen Feuerleitern außen
Noch mehr SoHo :D

Little Italy

Wir verließen SoHo und fanden uns in Italien wieder, genauer gesagt in Little Italy. Dieser Stadtteil hatte, um die Worte von Dan im Ansatz wiederzugeben, im Laufe der Zeit einiges an Authentizität verloren, um für Touristen da zu sein, ist gleichzeitig aber auch deutlich geschrumpft; viele kleine Lokale konnten sich aufgrund der Beliebtheit der Region und der steigenden Preise die Mieten nicht mehr leisten und wurden durch größere Ketten ersetzt, etwas, was Dan insgesamt ein Dorn im Auge war und er eindrucksvoll mit der Zahl 212 belegte – allein so viele Starbucks-Filialen gab es auf der 13×2 Meilen großen Insel Manhattan. Trotzdem konnte er hier und dort noch einige wenige Restaurants empfehlen, bei denen zum Teil seine Mutter, die ebenfalls dabei war, aber widersprach (auch wenn ich ganz ehrlich dafür dann doch lieber direkt nach Italien fahre, aber egal…). Aktuell herrschte in dem Viertel jedoch sowieso der Ausnahmezustand, denn es fand das San Gennaro Festival statt, dessen Aufbau bereits an meinem ersten Tag voll im Gange war, wie ich mich an den nächtlichen Streifzug mit Bart erinnerte, der uns in diese Ecke herführte. Heute war der Aufbau aber schon durch und das Fest voll im Gange: Die Straßen waren rot-weiß-grün, die Stände draußen gut gefüllt genauso wie die dadurch noch enger werdenden Gassen. Preislich war einiges geboten, eine ganze Pizza Margherita, die ich immer so als Vergleich nehme, kostete hier ab $11,75 + tax, was rund 11 Euro entspricht, Eisbecher fingen bei $4 an. Es gab auch einige Attraktionsstände, wo ich unter anderem einen Riesen-Thaddäus erblickte 😀

Das Festival in Little Italy
Riesen-Thaddäus \o/

Chinatown

Wir hatten rund fünfzehn Minuten Pause an einer Kreuzung um frei herumlaufen, die ich natürlich nutzte um in die Richtung zu gehen, in die wir auch später als Gruppe hingegangen sind. Das merkte ich, als ich drei Kreuzungen weiter am Ende des Festivals und von Little Italy ankam. Dort kreuzte der Weg eine größere Hauptstraße und direkt dahinter fand sich Chinatown. Es war schon etwas absurd mitten in den italienischen Flaggen und „Spezialitäten“ zu stehen und auf der anderen Seite ein typisch asiatisches Viertel zu sehen – wo man doch nach New York gereist ist. Aber genau diese Vielfalt machte New York aus, so Dan im weiteren Verlauf der Tour: Jeder Stadtteil oder jedes Viertel hat seine eigene Geschichte und auch seinen eigenen kulturellen Ursprung und da kommt es dann vor, dass zwei komplett andere Bezirke direkt nebeneinander sind. Insgesamt hatte New York ursprünglich aus fünf unabhängigen Städten bestanden (Manhattan und Brooklyn waren zwei davon), die erst im Laufe der Zeit zu einer Großstadt zusammengelegt wurden. Chinatown als Viertel von Manhattan hatte sich in der Zeit kaum verändert und war nur expandiert, die Italiener in ihre Ecken treibend. Allerdings hatte die Region große Krisenzeiten hinter sich, da es im 20. Jahrhundert öfters einen Einreisestopp für asiatische Einwanderer gab und teilweise bis zu 250 Männer auf eine Frau in der Region lebten, da die Familien nicht mehr einreisen konnten. Dies sorgte kombiniert mit den engen Verhältnissen und den schlechten Umständen dafür, dass dieses Gebiet eines der gefährlichsten und ungepflegtesten Viertel der Welt war und wovon es lange zum Erholen gebraucht hatte.
Auf eine besondere Stelle, die das Alter dieses Viertels deutlich machte, machte Dan erst nach längerer Zeit und auch nur beiläufig aufmerksam: Die Doyers Street machte eine Kurve. Dieser Fakt ist erst dann interessant, wenn man sich das restliche New York anschaut, was gefühlt zu 99,9% als Schachbrett aufgebaut ist und Kurven so untypisch sind, dass ich bewusst beim Reflektieren der ersten Tage sonst tatsächlich keine wahrgenommen habe (so wirklich bewusst ist mir auch das jetzt erst am Abend geworden).

Aus Little Italy: Auf der anderen Straßenseite ist Chinatown
Chinatown

Wall Street

Nach dem Verabschieden vom Tourguide war es 16 Uhr und ich wieder auf mich alleine gestellt. Also suchte ich zunächst ein WLAN, um mit einer Couchsurferin in Kontakt zu treten, mit der ich mich im Laufe des Nachmittags treffen wollte (was allerdings vorerst scheiterte). Danach trieb es mich ein wenig planlos den Broadway entlang vorbei an Straßen, die ich am Tag zuvor auf der Suche nach der Subway-Station nach dem Ground Zero-Besuch betreten hatte, bis hin zum eigentlich gerade geplanten Ziel – der Wall Street. Dort hing draußen eine große amerikanische Flagge, die während ich mich gegenüber bei der Treppe zur Federal Hall hinsetzte, von vier Arbeitern vom Balkon aus komplett abmontiert wurde. Dies wunderte mich ehrlich gesagt, weil ich davon ausging, dass sie jeden Tag zu den Börsenzeiten dort hängt und ich mir nicht erklären konnte, warum man für das Auf- und Abhängen einen so dermaßen großen Aufwand machte.

Mich faszinieren immer diese kleinen freien Grünflächen zwischen der Menge an Hochhäusern und Wolkenkratzern
Pret A Manger - hach, London :D
New York Stock Exchange mit Flagge...
...und ohne

Ich hatte auf dem Weg dahin ein wachsendes Hungergefühl, sodass ich unterwegs zur Wall Street und dann auch später verstärkt auf Essenslokale achtete – und siehe da, etwas vorfand, bei dem ich direkt an London denken musste: Pret A Manger 😀 Auf dem „Rück“weg, der mich nun weiter in den Norden Manhattans verschlug, traf ich im Fulton Center sogar auf ein Wasabi, allerdings haben sie hier in New York kein Sweet Chili Chicken Bento, welches ich wirklich gerne wieder mal gegessen hätte, womit dieses Lokal leider aus der Wahl herausfiel.

Allgemein musste das Essen kurz Halt machen genauso wie die Subway an der 34th St/Penn Station, die ein kleines großes Chaos und den stressigen Alltag New Yorks auf wenige Meter perfekt widerspiegelte. Oben auf der Straße vor der Penn Station, deren Eisenbahngleise ich durch das Pendlerchaos nicht aufgesucht hatte, war schon wieder Großeinsatz, dieses Mal für die mehr für die Polizei wie für die Feuerwehr: Auf der anderen Straßenseite, so konnte ich dank verfügbarem WLAN herausfinden, wurde ein Polizist von einem Mann angegriffen und musste zur Schusswaffe greifen (Quelle). Natürlich war die Straße gesperrt und eine Menge Schaulustiger stand umher und beobachtete das Treiben der Polizei, samt einigen Übertragungswagen.

Penn Station
Der Polizei-Einsatz
Von vorne gibt es viele Schaulustige.

Da sich nur bedingt viel tat, mein Magen aber weiterhin Hunger vermeldete, machte ich mich auf den weiteren Weg und aß letztendlich bei Taco Bell einen Burito, der an sich gar nicht mal groß schien, aber mich echt satt bekommen hat (ja auch das war in gewissem Sinne Fast Food wie schon am Tag zuvor bei Burger King, doch zum einen bin ich im Urlaub und zum anderen weiß ich nicht, warum ich $15+ dafür ausgeben sollte, um mich alleine irgendwo in ein Restaurant zu setzen oder so, also darf die Moralpredigt wieder wegbleiben 😉 ) Genauso wie am Tag zuvor war auch hier oben auf den Preistafeln über der Theke der Nettopreis ausgeschrieben, $4,59 sind am Ende also gar nicht $4,59.

High Line

Der geplante Treffpunkt mit der Couchsurferin war der High Line Park, der mir am ersten Tag auch von der Mitbewohnerin im Apartment empfohlen wurde. Ich hatte nicht nachgeschaut was das genau war und was das besondere war, sondern ließ mich überraschen – und ich muss sagen, die Überraschung war ein voller Erfolg: Der High Line Park ist ein kleiner Grünstreifen, welcher sich quer über die Straßen zieht und auf der Hochebene einer früheren aufgestellten Eisenbahn errichtet wurde, deren Existenz ich zufällig durch die intensive Auseinandersetzung mit der Subway am Morgen für den Blogeintrag kannte. Ein nicht allzu breiter aber langer Weg mit Gras und Bäumen rechts und links davon mit spektakulären Aussichten auf die Skyline, die Straßen und die Küste luden zum spazieren ein und sorgten zum ersten Mal dafür, dass ich es ein wenig doof fand, alleine unterwegs zu sein. Die unterschiedliche und irgendwie nicht wirklich passende Vegetation erinnerte mich so ein bisschen an das Schokoladenmuseum in Köln, was das hölzerne Material des Weges auch verstärkte. Als besonderes Highlight fand sich ein aus Reifen gestalteter Smart wieder, dessen Lichter sogar verkabelt waren und leuchteten und auf dessen Dach die Natur die Oberhand gefunden hatte.

Ziemlich unauffällig ist hinten die schwarze Hochbahn zu sehen, auf der sich der High Line Park befindet
Ein Smart aus Reifen :D
High Line Park

Der ganze Park zog sich ziemlich weit in den Süden, sodass ich diesen bei der 28th Street angefangen erst wieder bei der 14th Street verließ, denn es war mittlerweile halb neun und dunkel geworden und weil ich am nächsten Tag früher raus wollte, wollte ich am Abend noch diesen Blogeintrag geschrieben bekommen…

Vom High Line Park aus

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